Studentencampus

Wie die Generation Y Erfolg neu definiert

Erfolg neu definiert - von der Generation Y
Geschrieben von Pascal Keller

Nach meinem Abi hatte ich eine Idee.

Ich wollte studieren und arbeiten – gleichzeitig.
Ich wollte Theorie und Praxis – gleichzeitig.
Ich wollte herausstechen aus der Masse und meinen Lebenslauf bestmöglich aussehen lassen.

Ich wollte besser sein, anders sein.

Ich bewarb mich also für ein duales Studium und wurde genommen.

Mit 19 Jahren fing ich an zu arbeiten und zu studieren – gleichzeitig.

Ich dachte, wenn ich einen super Abschluss mache, viel praktische Erfahrung sammle und nebenbei noch das geforderte „außeruniversitäre Engagement“ zeige, würde ich vielen meiner Mitstudenten immer einen Schritt voraus sein. Ich würde als hochbezahlter Manager Karriere machen und jeden Morgen voller Leidenschaft und Engagement mein großes Büro betreten.

Ich würde einen schicken Anzug tragen, einen Firmenwagen bekommen, viel Geld verdienen und von allen angesehen sein.

Das war, wie ich mir Erfolg vor knapp 4 Jahren vorstellte.

Geflasht von neuen Eindrücken

Die ersten paar Monate im Unternehmen waren super spannend. Ich besuchte Meetings mit Führungskräften der Firma. Ich bekam mein erstes Gehalt. Ich hatte eigene Accounts und aß mit angesehenen Managern zu Mittag. Und während sich die Manager beim Mittagessen über “profit margin” und “EBIT” unterhielten, versuchte ich alles aufzusaugen.

Ich war geflasht von dieser neuen Welt, umgeben von machtvollen Menschen, die ich bewunderte. Sie waren gut gekleidet, flogen zu wichtigen Geschäftsmeetings nach Singapur oder Dallas, hatten ein nagelneues Blackberry und durften  ihren Firmenwagen direkt vor dem Eingang parken.

Über sie wurde gesprochen und wann immer sie in den Raum kamen, herrschte kurz Stille, weil jeder zu ihnen aufblickte.

„Wow“, dachte ich, „das will ich auch mal!”

Wie ein junger Schüler versuchte ich deshalb, mir alles von diesen erfolgreichen Menschen abzuschauen.

Ich kleidete mich ebenfalls etwas besser. Ich schlug plötzlich mit Begriffen wie „Cash flow“ , „Return on investment“ oder „Networking“ um mich, ohne zu wissen, was sie wirklich bedeuteten. Ich begann mir Gedanken über Business zu machen und las von nun an das Manager Magazin und die Wirtschaftswoche.

Die ersten Monate im Betrieb fühlte sich für mich so an, wie wenn du als kleines Kind endlich mit den Großen auf dem großen Platz Fußball spielen darfst:

Ich war stolz und bereit, es allen zu zeigen.

Der Zauber war verfolgen

Zwei Jahre und vier Praxisphasen später, war der Zauber der ersten Monate verflogen. Manager, Meetings und Morgenkaffee waren für mich zum Alltag geworden. Meine anfängliche Euphorie war der Realität gewichen.

Ich hatte die Menschen hinter meinen „Vorbildern“ kennengelernt.

Ich hatte gesehen, wie schwer sie sich den Erfolg erarbeiten mussten. Ich hatte gesehen, wie sie ausgebrannt und mit tiefen Augenrändern ins Büro kamen und kaum dort angekommen, ihr normaler Wahnsinn losging.

Das Telefon klingelte im 5-Minuten-Takt. Ein Meeting nach dem anderen bestimmte den Tag. Die Mittagspause bestand aus einem Kaffee und einer Zigarette. Der Feierabend war erst dann erreicht, wenn es draußen schon wieder dunkel wurde.

Ich kann mich noch gut dran erinnern, als ich mit einem der Manager beim Mittagessen in der Kantine unterhielt und ich ihn nach seinen Hobbys abseits der Arbeit fragte: “Meine Hobbys” lachte er ironisch, “sind Brände löschen und Schlaf aufholen. Und die Rechnungen meiner Frau bezahlen”.

Ich glaube daran, dass jeder Mensch einen “Startpunkt” hat, an dem er sich entscheidet, was für ihn erfolgreich zu sein bedeutet. Diese Aussage war mein Startpunkt.

War das wirklich, was ich wollte? War es das, was Erfolg für mich bedeutete?

70 Stunden die Woche arbeiten? Keine Zeit für Dinge und Menschen zu haben, die ich liebe? Vielleicht gar bessere Beziehungen zu Menschen zu haben, die ich einmal die Woche im Meeting sehe, als zu Menschen, die ich schon seit dem Kindergarten kenne?

Ich zweifelte und realisierte irgendwo in mir drin, dass dieses Leben für mich nicht Erfolg bedeuten konnte.

Aber sollte es doch?

Schließlich verdienten die  Manager gutes Geld, waren angesehen, wichtig, einflussreich, hatten einen sicheren Job und ein großes Firmenauto…DAS ist doch Erfolg! Oder?

Erfolg ist etwas Individuelles

Erfolg ist etwas Individuelles und es gibt nicht nur die eine, strikte Definition von Erfolg.

  • Für den einen bedeutet Erfolg immer besser Gitarre zu spielen, um sein Lieblingslied perfekt spielen zu können.
  • Für einen anderen bedeutet Erfolg sein Glück in einer Beziehung zu finden, in der er liebt und geliebt wird.
  • Für den anderen wiederum bedeutet Erfolg Geld und Status. Je mehr Geld und Status er hat, desto erfolgreicher fühlt er sich.

Welche Definition ist nun richtiger?

Die Antwort: Keine und alle, denn es gibt hier kein Richtig und kein Falsch.

Erfolg ist eine Frage des Blickwinkels, der Einstellung und vor allem eine Frage der Maßstäbe. Und nicht immer müssen die Maßstäbe den “normalen” Maßstäben wie Geld, Ansehen, Macht und Sicherheit entsprechen.

Sie können stattdessen oder daneben auch Freundschaft, Liebe, Unabhängigkeit, Leidenschaft oder Freiheit heißen.

Letztlich entscheiden wir – und nur wir – anhand welcher Maßstäbe wir Erfolg messen. Doch wir können nur etwas messen, das wir vorher definiert haben. Deshalb ist es unsere Aufgabe, Erfolg für uns persönlich zu definieren.

  • Frei vom Einfluss der Gesellschaft.
  • Frei vom Einfluss unserer Freunde.
  • Frei vom Einfluss unserer Eltern.

Nur wenn wir unsere eigene Definition von Erfolg haben, können wir sagen “Ja, ich bin erfolgreich”, egal ob das für Ausstehende richtig oder falsch scheint.

Und nur wenn wir sagen können “Ja, ich bin erfolgreich”, dann sagen wir auch “Ja, ich bin zufrieden”, denn erfolgreich zu sein in dem was wir tun, ist ein großer Faktor für Zufriedenheit.

Am Ende unserer Zwanziger ist es nicht wichtig, von anderen belächelt oder bewundert zu werden. Es ist nur wichtig, dass wir mit uns im Reinen sind und sagen können:

»Ja, ich habe meine Zwanziger nach meinen Maßstäben erfolgreich und glücklich gelebt!«

Wie die Generation Y Erfolg neu definiert

Wenn ich heute über Erfolg nachdenke, dann merke ich, dass sich meine Definition von Erfolg komplett geändert hat. Ich denke heute nicht mehr daran, (materiell) reich zu werden, jedes Jahr die Karriereleiter hochzuklettern und besser zu sein, als der Rest.

Natürlich wären viel Geld, eine tolle Karriere und Ansehen schön. Aber sie sind nicht zwingend notwendig und entscheidend, damit ich mich als erfolgreich bezeichne.

Erfolgreich zu sein bedeutet für mich heute, jeden Tag  zu lernen und meinen Träumen einen Schritt näher zu kommen. Erfolgreich zu sein bedeutet für mich, einen Job zu machen, der mir ein vernünftiges Einkommen bringt, mich begeistert und mich herausfordert. Erfolg bedeutet für mich, anderen zu helfen, ihre Träume zu erreichen. Es bedeutet Zeit zu haben, diese wundervolle Welt zu entdecken und intensive Beziehungen zu leben.

Erfolg bedeutet für mich, jeden Tag bewusst zu leben, dankbar und glücklich zu sein.

Ich messe ihn heute an der Anzahl der Menschen, denen ich geholfen und die ich bewegt habe und nicht an der Anzahl der Dinge, die ich besitze oder der Macht, die ich ausstrahle.

  • Macht mich das zu einem schlechteren Menschen?
  • Macht mich das zu einem weniger ehrgeizigen Menschen?

Ich glaube nicht. Es bedeutet bloß, dass ich eine andere Definition von Erfolg habe als früher. Ich denke, dass viele Mitglieder der Generation Y mir zustimmen, wenn ich behaupte, dass wir heute Erfolg anders definieren als unsere Eltern.

Wir wollen auch erfolgreich sein – ohne Frage – aber auf eine andere Art und Weise. Geld und Sicherheit sind wichtig, aber nicht mehr allein entscheidend. Wir wollen nicht irgendeine Stechkarten-Nummer sein, die jeden Morgen aufsteht, um am Ende des Monats den Gehaltsscheck abzuholen. Wir wollen nicht zu Maschinen in einem unpersönlichen Unternehmensbunker werden.

Wir wollen etwas bewegen und etwas verändern. Wir wollen lernen und etwas tun das wirklich zählt. Wir wollen unsere Talente einbringen. Wir wollen den Unterschied sehen, den wir mit unserer Arbeit machen. Wir wollen arbeiten und das Leben trotzdem genießen können.

  • Deshalb wünschen wir uns flexiblere Arbeitszeiten.
  • Deshalb reden wir von Work-Life-Balance.
  • Deshalb ist nicht unbedingt ein sicherer, gut bezahlter Job das, was wir wollen
  • Deshalb differenzieren wir in unseren Vorstellungen von Erfolg und Leben mehr als die Generationen vor uns.

Weil wir mehr vom Leben erwarten als die Generation vor uns.

Weil wir Sicherheit, Sinn, Veränderung, Familie, Abenteuer und Selbstverwirklichung gleichzeitig wollen.

Ist das zu viel an Wünschen und Erwartungen?  – Kann sein.

Sollten wir es trotzdem anstreben? – Ich denke schon. Denn Erfolg ist viel mehr als Geld, Status und Sicherheit.

Oder?

Über den Autor/die Autorin

Pascal Keller

Pascal hat zwar nicht alle Antworten auf das Leben als twentysomething, aber er versucht sie zu finden und damit die Welt zu erobern ;-) In der Zwischenzeit gibt er seine gesammelten Erfahrungen an junge Menschen weiter und hilft ihnen damit, mehr aus ihren Zwanziger zu machen. Vielleicht hilft er auch dir weiter.

Erfahre mehr über Pascal und seine Arbeit auf www.pascalkeller.com

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