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Angstzustände und Depression – ich studiere trotzdem!

Angstzustände und Depression – ich studiere trotzdem!
Geschrieben von Redaktion

Meine Geschichte mit Depressionen ist etwas länger. Darum setz dich zu mir und lass dich motivieren. Ich bin mittlerweile schon fast 28 und studiere im 4. Semester Archäologische Wissenschaften. Mein Weg bis dahin war nicht einfach, und so wie es jetzt aussieht, wird er noch steiniger werden. Ich leide seit meiner Schulzeit an Depressionen, Angst-Panik-Zuständen und habe auch noch eine stark ausgeprägte Dyskalkulie, die man aber bei mir im Alter von 24 Jahren festgestellt hat.

Ich habe mit dem Alltäglichen zu kämpfen aber genau so oft auch mit Familientragödien und Rückschlägen jeglicher Art.

Angstzustände in meiner Ausbildungszeit – es war schrecklich

Mit 16 Jahre kam ich von der Realschule in die Ausbildung zur Bürokauffrau. Dort war ich 3,5 Jahre meines Lebens Mobbing-Terror ausgesetzt. Jeden Tag mit bin ich mit Bauchschmerzen und Angst, wieder zu versagen zur Arbeit gefahren. Habe versucht meinen Job so gut es ging zu erledigen, habe auch bei meinem Ausbilder um Hilfe gebeten, als es mit dem Mobbing wirklich zu weit ging. Alles ohne Erfolg. Ich wurde systematisch fertig gemacht.

Meine Depressionen und Angstzustände sind dadurch natürlich immer häufiger und schlimmer geworden. Aber ich hatte mich fest gebissen. Ich wollte meinen Widersachern einfach nicht die Muse gönnen, dass ich eine Versagerin bin. Also habe ich mit viel Schweiß, Blut und Tränen diese Ausbildung zu Ende gemacht.

Meine Verwandten meinten häufig, ich solle den Betrieb wechseln oder direkt aufhören, nachdem ich auch das 2. Mal die Abschlussprüfung nicht bestanden hatte. Aber das kam für mich nicht in Frage. Egal wie schlecht es mir ging, ich hab immer weiter gemacht. Heute kann ich zu meiner Ausbildung nur sagen, dass ich froh bin nicht vorzeitig das Handtuch geworfen zu haben. Die Zeit dort war mehr als scheiße aber heute kann mir keiner mehr was.

Ich bin emotional dadurch gewachsen

Mich hat diese Erfahrung im Nachhinein sehr stark gemacht. Denn einfach zu wissen „Ich hab’s durchgezogen, obwohl mir alle Steine in den Weg gelegt haben“ hat mir gezeigt, zu was man fähig ist. Und das selbst mit einer so großen Belastung wie Depressionen und Angstzuständen. Viele Menschen, die keine psychischen Schwierigkeiten haben, hätten schon lange das Handtuch geworfen.

Zentralabitur

Als nächster Schritt galt es, das Zentralabitur nachzuholen. Oh, was waren meine Eltern skeptisch und dagegen, da ich ja schon in der Realschule und in der Berufsschule bewiesen hatte, dass ich eine schlechte Schülerin war. Tja, aber ich wollte Archäologin werden. Schon sehr lange wollte ich das. Also bin ich nach der Ausbildung wieder zur Schule gegangen und habe auf dem zweiten Bildungsweg mein Abitur gemacht.

Meine gesamte Sippschaft hatte mir davon abgeraten mit der Sorge, ich sei zu alt und nicht für solch einen Abschluss geeignet – aufgrund meiner Erkrankung. In dieser Zeit habe ich auch erfahren, dass ich Dyskalkulie habe. Und, was glaubt ihr ist passiert?

Natürlich habe ich meine Abitur gemacht

Zwar wieder im zweiten Anlauf aber ich habe es geschafft. Und zwar alleine. Niemand hat mir geholfen, mich unterstützt oder war in der Zeit für mich da. Aber ich habe es geschafft. Und wieder war da dieses Erfolgserlebnis: Ich habe den höchsten Bildungsabschluss in meiner Familie. Ich habe meinen Bildungsstandard über den meiner Eltern und meiner älteren Schwester erhoben.

Aus dem Nichtsnutz mit psychischer Störung wurde auf einmal die jüngste Tochter mit Abitur. Als mein Vater auf der Abifeier bei der Zeugnisvergabe anfing zu weinen, wusste ich „Du hast alles richtig gemacht“. Sie sagen es dir zwar nicht aber deine Eltern sind stolz auf dich und vielleicht auch etwas überrascht.

Aber niemand ist stolzer auf dich als du selbst, wenn du deine eigenen Grenzen überwunden hast und es jeden Tag auf ein Neues schaffst, dich aus deinem Bett zu pellen und einen Alltag zu leben, der für dich an sich nicht existiert, weil dich Ängste, Sorgen und Depressionen quälen und dich in Atem halten.

Niemals aufgeben, immer weiter machen

Aber diese Fortschritte, raus zu gehen, immer und immer wieder trotzdem weiter zu machen, sind so wichtig für dich und dein Leben. Denn es sind kleine Erfolgserlebnisse, die dich dazu bringen, immer weiter zu machen. Du darfst niemals aufgeben. Versuche es immer wieder und irgendwann schaffst du es, eine Prüfung oder Klausur zu bestehen und deine Ängste zu überwinden.

Niemand kann dir dabei helfen. Man kann dir nur den Weg zeigen, aber gehen musst du ihn ganz alleine. Konzentriere dich auf deine Wünsche, auf deine Träume und pack es an. Du kannst es schaffen. Du kannst alles schaffen, wenn du es wirklich willst.

Deine Depressionen brauchen dich nicht – und du sie noch viel weniger

Sicherlich geht in jedem von uns hin und wieder mal die Welt unter und man will einfach nicht mehr aber durchhalten ist die Devise. Konzentriere dich auf das, was du erreichen willst und kehr den Depressionen den Rücken zu. Die kommen auch alleine ganz gut zurecht, dafür brauchen sie dich nicht. Und du brauchst sie noch viel weniger. Sage niemals nie – ich kann das nicht – ich schaff das nicht – ich bin zu klein….

Du hast es auch bis hier her geschafft, also kannst du auch noch weiter gehen. Also zieh deine Jogging- und/oder Trekkingschuhe an und gehe deinen Weg. Du schaffst das. Ich habe es auch geschafft!

Alles Gute für Dich!

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Über den Autor/die Autorin

Redaktion

6 Kommentare

  • Ich fast 30 – kann das sehr gut nachvollziehen…hab ADHS und Borderline und bin im B.A. Studium…belege zur Zeit nur Hörvorlesungen, da seit längerer Zeit nichts mehr geht. Hab seit dem Kindergarten Mobbing und Ausgrenzung erlebt..Details erspare ich euch jetzt…Das volle Progamm: Schlechter Schulabschluss, an allen Fronten hat es gebrannt…Meine Eltern haben mich seit Teenager-Tagen gezwungen eine Therapie zu machen (Gab auch viel Gewalt zu Hause und war nicht immer eine schöne Kindheit) oder sogar wurde gedroht mich ins Heim zu stecken…Ausbildung nur halbherzig angefangen, Probleme. Resultat mit Anfang 20: Keine stabilen sozialen Verhältnisse, kein Geld, keinen Job…Durch meine (jetzige) Beziehung habe ich es geschafft meine Schulabschlüsse abzuschließen (wurde dort auch ausgegrenzt und hab oft unter Angstattacken gelitten – habe auch eine Rechenschwäche…es war wie ein nicht endender Albtraum mit Mathe!). Habe ein gutes Abi irgendwie geschafft mit 26…aber war sehr unzufrieden mit meinen Leistungen…jetzt habe ich mit großen Versagensängsten und Depressionen zu kämpfen, kaum Freunde und habe die Hoffnung aufgegeben…gehe jediglich in eine Ambulanz, wo ich Medikamente bekomme…habe alles versucht mir Hilfe zu holen. Vergeblich.

    Aber schön zu lesen, dass es auch noch erfolgreiche Menschen mit psychischer Störung gibt! Weiter so!

  • Danke für deine Nachricht. Gib bitte nicht auf. Es gibt Menschen die dich vermissen würden. Auch wenn du jetzt vom Gegenteil überzeugt bist. Bleib am Ball und gib dich nicht auf!

  • Hallo Vivien, dass du deine Erfahrungen hier niedergeschrieben hast, bedeutet mir einiges. Es hat mich so stark an mich selbst erinnert. Ich hab es zwar geschafft, mein Abi mit 21 zu machen (nachdem ich aber einmal sitzengeblieben und beinahe nocheinmal), obwohl ich immer wenig und eine zeitlang auch garkeine Freunde in der Klasse hatte. Nun bin ich 25, bin aber bereits im 10. Semester und habe große Angst, mein Bachelor nicht rechtzeitig zu schaffen (da es eine Deadline gibt). Dadurch habe ich mich wie ein Versager gefühlt, da ich auch keinerlei Unterstützung erfahren habe. Nun wurde bei mir Depression und Angststörung diagnostiziert und ich kämpfe darum, meine studentische Laufbahn hinzubekommen. Beiträge wie deine geben mir ein wenig mehr Mut.

  • Danke euch zwei! Ich bin 22 und kämpfe mich auch mit Depressionen durchs Studium… es tut grad so gut zu wissen, dass es auch andere in gleicher/ähnliicher Situation gibt. Ich kann mich Vivi En nur vollstens anschließen, wir sollten nicht aufgeben.

  • Ein toller Beitrag. Ich hatte sowas ähnliches auch mal bei meinem Studium an der TAW (https://www.taw.de/) gehabt, aber ich hab mich durchgebissen. Ganz schön schmerzhaft, das mein ich ernst. Kopfschmerzen, kräftiges Zittern an den Armen und Beinen, ich hätte fast heulen können. Aber ich hab es wie du gemacht. Und ich versuch es auch so im weiteren Leben durchzuziehen. Selbstmord wäre auf jeden Fall nie eine Lösung! *motiviert*

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