Studentenalltag

Weihnachten – Krieg oder Frieden, Seifenblase oder Realität?

Alle Jahre wieder an Weihnachten
Geschrieben von MariSi

Alle Jahre wieder…

Alle Jahre wieder machen sich in den Städten Deutschlands Studenten auf den Weg nach Hause, um die Weihnachtstage wieder im trauten Heim zu verbringen.

Alle Jahre wieder kramen Mütter aus Kellern oder Dachböden die Kisten mit der Weihnachtsdekoration aus, um das Haus für die Rückkehr der verlorenen Söhne und Töchter zu schmücken.

Alle Jahre wieder sitzen Geschwister, die schon längst erwachsen geworden sind, oder es zumindest glauben, zusammen am Tisch und versuchen für einige Tage den Frieden, der für diese Tage angedacht ist, zu halten.

Alle Jahre wieder werden Geschenke in den Wohnzimmern ausgetauscht.

Alle Jahre wieder wird sich darüber gefreut, aber alle Jahre ist jemand auch enttäuscht oder gekränkt, wenn er zum Beispiel ein Buch über gesunde Ernährung bekommen hat.

Alle Jahre wieder wird sich schick angezogen und in die nächste Kirche gepilgert. Wann war das letzte Mal jede Bank hier besetzt? Ich weiß es! Vor genau einem Jahr.

Alle Jahre wieder singt diesmal nicht nur eine zehnköpfige Gruppe die Lieder im Gotteshaus mit, sondern 20, 30 Menschen.

Und alle Jahre wieder komme ich mir fehl am Platz vor, hier zu sein. Zehn Jahre früher hat das etwas mehr Sinn gemacht. Da war ich noch im Reinen mit dem, was ich dort höre und sehe. Da war ich wahrscheinlich nicht am 24. Dezember des Vorjahres zuletzt dort.

Aber Traditionen bricht man nicht so leicht.

Deswegen wird bei uns alle Jahre wieder der Baum am Morgen des 24. Dezembers zusammen geschmückt.

Und deswegen werden die Geschenke alle Jahre wieder an derselben Stelle im Wohnzimmer abgelegt. Und deswegen wird alle Jahre wieder eine kleine Glocke geläutet, wenn es Zeit ist, hineinzukommen und auszupacken. Und alle Jahre wieder machen wir das vor dem Essen, weil wir uns nicht aufs Essen konzentrieren konnten mit den Geschenken im Hintergrund, als meine Geschwister und ich kleiner waren.

Ich glaube nicht, dass das heute noch der Fall wäre. Das gute Essen am Heiligabend ist mir vielleicht sogar inzwischen wichtiger als die Geschenke.

Aber trotzdem würde niemand auf die Idee kommen, es anders zu machen.
Diese drei Tage im Dezember sind irgendwie außen vor. Hier gelten andere Regeln und andere Werte oder werden zumindest anders bedacht. An Heiligabend werde ich mir die größte Mühe geben, nicht in irgendeine aussichtlose Diskussion mit meinen Bruder zu geraten.

Es ist ja schließlich Weihnachten.

Und ich werde mich nicht beschweren, wenn ich beauftragt werde, den Müll rauszubringen oder den Tisch zu decken oder abzuspülen, weil an diesem Tag schluckt man das einfach, auch wenn man an jedem anderen Tag aus Prinzip vielleicht etwas ungewollt das Gefragte tut.

Alle Jahre wieder vergessen Familien für diesen Abend, dass sie große Probleme zu bewältigen haben oder dass eigentlich eine liebe Person im Kreis fehlt.

Ist das schlimm? Man ist ja keine fünf mehr, man kennt die Wahrheit. Man weiß von den Geschehnissen, die um einen herum passieren. Von den eigenen Kriegen und Ungerechtigkeiten im Alltag, die keineswegs klein für einen sind. Aber auch von den weltweiten Bedrohungen und Ängsten.

 

Für drei Tage schließt man sich in diese Seifenblase aus Weihnachtsliedern und Lebkuchengeruch und ignoriert all das. Da ist man auf einmal doch wieder fünf und lässt sich von dem ganzen Phänomen Weihnachten mitreißen. Schmückt den Baum, singt die Lieder, verteilt Geschenke und hilft beim Abwasch.

Aber warum auch nicht? Die Realität kommt am 27. Dezember von alleine zurück. Da schadet es nicht, wenn diese auch mal Urlaub bekommt. Auch wenn es nur diese drei Tage sind.

 

Photo Credit: Obtuse Photo cc

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Über den Autor/die Autorin

MariSi

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