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7 Wege, wie sich Freundschaften in den Zwanzigern verändern

Freundschaften in den Zwanzigern: Zwei Freundinnen stehen in der Nacht mit einer Lichterkette in der Hand
Geschrieben von Pascal Keller

Während meiner ersten Studienzeit in Mannheim lernte ich viele, viele neue Menschen kennen. Wir gingen zusammen feiern und aßen nachts um halb 5 im McDonalds gemeinsam unsere Cheesburger. Wir lachten und wir grölten zusammen in der Straßenbahn.

Heute – knapp 3 Jahre später – fällt es mir schwer, mich an die Namen und Geschichten dieser Menschen zu erinnern. Und das hat nichts mit Egal-Sein zu tun, sondern vielmehr mit dem Lauf der Zeit und dem Verschieben von Prioritäten. Wir alle leben heute ein anderes Leben als damals und unsere Kreise berühren sich nicht mehr so oft wie vorher.

„Asi es la vida“, sagt man im Spanischen so schön.

Es ist normal in den Zwanzigern, dass viele Menschen in dein Leben kommen und wieder verschwinden. Es ist normal, dass Freundschaften sich verändern. Und das ist an sich keine schlechte Sache. Ich glaube, Freundschaften müssen sich verändern, denn so tut unser Leben in den Zwanzigern auch.

7 Wege, wie sich  Freundschaften in den Zwanzigern verändern

1. Das Konzept „Bester Freund“ funktioniert nicht mehr

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Ich war früher ein großer Fan der Frage ”Wer ist denn dein bester Freund?” und ich wusste immer genau, wer mein bester Freund war. Aber seit ich von Zuhause ausgezogen bin, angefangen habe zu studieren und spätestens seit ich in Mexiko war, kann ich nicht mehr genau definieren, wer eigentlich mein bester Freund ist. Ich habe einfach zu viele beste Freunde. Ich habe einen besten Freund aus der Kindheit, einen besten Freund aus der Jugendzeit, einen besten Freund aus der Schulzeit, einen besten Freund aus Mexiko und einen besten Freund hier in Deggendorf, wo ich momentan studiere.

Wer von diesen Freunden ist denn nun der Beste der Besten? Die Antwort: Keiner und alle.

Sie sind für mich alle gleich wichtig und es wäre falsch, einen Freund als Besten herauszuheben. Ich habe gemerkt, dass es nicht wichtig ist, einen einzigen besten Freund zu haben. Viele gute Freunde, mit denen ich über verschiedene Themen reden und lachen kann, sind viel wichtiger. Jeder von meinen Freunden hat seine eigenen Stärken und Schwächen und jeder ist auf seine eigene Art und Weise für mich der Beste, unersetzlich und einzigartig

2. Du merkst wie wertvoll alte Freunde sind

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»Best friends are people you know you don’t need to talk to every day. You don’t even need to talk to each other for weeks, but when you do, it’s like you never stopped talking.«

Dieser Punkt spielte für mich in den letzten paar Monaten eine wichtige Rolle. Ich habe mich in den letzten zwei Jahren verändert und andere Prioritäten gesetzt. Mir war es wichtig, alte Wege zu verlassen, die Welt zu entdecken und neue Freunde auf der ganzen Welt zu finden. Und genau das habe ich gemacht. Ich bin von Zuhause ausgezogen, bin nach Mexiko gereist und habe Zeit mit vielen neuen Menschen verbracht. Es war toll und es fühlt sich gut an, neue Freunde auf dem ganzen Globus zu haben. Doch – und das habe seit meiner Rückkehr aus Mexiko festgestellt  – kaum etwas ist schöner, als Freunde zu haben, die dich schon ewig kennen und auf die du dich verlassen kannst.

Beispielsweise habe ich momentan mit meinen besten Freunden aus der Schulzeit nicht so oft Kontakt, wie mit meinen Freunden aus Mexiko, mit denen ich beinahe wöchentlich skype. Aber wenn wir uns sehen, dann fühlt es sich an, als hätte sich nichts verändert über all die Jahre. Wir sitzen zusammen, trinken unser Bier und reden über alte Geschichten. Wir kennen uns schon eine gefühlte Ewigkeit und obwohl ich neue Dinge wirklich liebe und schätze, macht mich kaum etwas glücklicher als alte Freundschaften.

3. Du gibst die Freundschaft zu bestimmten Freunden auf

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Manchmal kann ich nur den Kopf schütteln, wenn einer meiner ehemals besten Freunde wieder auf Facebook seine Saufbilder postet oder erzählt, wie grandios er sein Leben gegen die Wand fährt. Ich habe ihm lang die Stange gehalten und versucht ihm zu helfen und ihm klar zu machen, dass es Zeit wird sich zu ändern. Doch mittlerweile habe ich die Geduld verloren, denn manche wollen sich nicht ändern. Und das muss ich respektieren. Dann ist es Zeit loszulassen.

Während deiner Zwanziger merkst du, dass du manche Freundschaften einfach aufgeben musst, um dich nicht kaputt zu machen und selbst glücklich zu sein. Sobald Freunde dir mehr Nerven rauben als Freude bringen, wird es Zeit loszulassen. In deinen Zwanzigern solltest du ein Gefühl dafür bekommen, welche Freunde dich wirklich in deinen Plänen und Zielen unterstützen und dein Leben bereichern und welche dich von deinen Zielen abhalten und runterziehen. Trenne dich von den letzteren und stärke die Freundschaft zu den ersteren, denn sie machen dich langfristig glücklich und erfolgreich.

4. Du erkennst, auf welche Freunde du zählen kannst

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»If you want to find out who your real friends are, sink the ship.  The first ones to jump aren’t your friends.« – Marilyn Manson

In den Zwanzigern erlebst viele Höhen und gehst gleichzeitig durch viele Tiefen – und damit meine ich tiefe Tiefen. Deine große Liebe macht mir dir Schluss, du bekommst deine erste Kündigung. Jemand Geliebtes aus deiner Familie verstirbt. Wir erleben viele kleine und große traurige Momente in unseren Zwanzigern und manche davon sind vielleicht die traurigsten unseres Lebens – vor allem dann wenn jahrelang gehegte Träume zerplatzen.

Dann schlägst du auf den Boden auf und brauchst Menschen, die dich unterstützen und die dich wieder aufrichten. Und genau dann merkst du, auf wenn du wirklich zählen kannst. Manchmal kann das desillusionierend sein. Freunde von denen du immer dachtest, sie seien für dich da, wenn es hart auf hart kommt, sind es plötzlich doch nicht und dafür kümmern sich Freunde, von denen du es nie erwartest hättest, fürsorglich um dich. Das sind die Freunde auf die du zählen kannst, denn die Phrase “Ruf mich an, wenn was ist, ich bin für dich da!” ist nicht annähernd so wertvoll, wie der Kumpel, der ein Wochenende bei dir auf der Couch pennt, nur damit du deine Ex-Freundin nicht mehr anrufst.

5. Deine Geschwister werden zu deinen besten Freunden

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Es ist verrückt. Ich habe mit meinem Bruder mehr Zeit verbracht als ich auf der Erde lebe. Wie das möglich ist?

Ich habe übernatürliche Kräfte. Ich bin Uri Geller…El Had, Stain, Schalosch

Ah nein doch nicht. Es ist viel unspektakulärer: Mein Bruder ist mein Zwillingsbruder und wir haben schon im Bauch meiner Mutter zusammen gespielt (oder gekämpft). Obwohl wir uns schon seit unserer Geburt so nahe sind und tausende Stunden zusammen verbracht haben, sind wir uns erst in den letzten zwei Jahren wirklich näher gekommen. Nach 22 Jahren Bruderschaft…

Heute kann ich sagen, dass mein Bruder einer der wichtigsten Menschen für mich ist. Er unterstützt mich bei all meinen Projekten und ergänzt mich optimal. Dort wo ich zu ungenau und ungeduldig bin, ist er organisiert und planerisch. Wenn ich mal wieder zu viel Risiko eingehen möchte, ermahnt er mich mit seiner zurückhaltenden Art.

Ich hätte nie gedacht, dass ich das mal so sage, aber mein Bruder ist einer meiner besten Freunde und das fühlt sich verdammt geil an!

6. Du erkennst, dass Freunde viel mehr sind als nur Menschen, mit denen du gerne Zeit verbringst

Früher waren meine Freunde die Menschen mit denen ich viel und gerne Zeit verbracht habe. Beim Mario Kart spielen, beim Bundesliga schauen oder beim Weggehen am Wochenende. Das ist heute immer noch so, denn wenn ich nicht gerne Zeit mit jemandem verbringen würde, wäre er sicherlich nicht mein Freund.

Aber ich habe in der letzten Zeit gemerkt, dass Freunde noch viel mehr sind als nur Menschen, mit denen ich gerne und viel Zeit verbringe. Freunde helfen dir, neue Dinge zu entdecken. Freunde helfen dir, mit ihrem Netzwerk einen Job oder ein Praktikum zu bekommen. Freunde helfen dir, deine Ziele und Träume zu erreichen. Freunde helfen dir zu wachsen und zu reifen.

Gute Freunde helfen dir – neben deiner Familie und deiner Einstellung – deine Zwanziger so zu leben, wie du sie dir vorgestellt hast.

7. Du erkennst, dass Freundschaften Arbeit bedeuten

Es kommt die Zeit in den Zwanzigern, in der du anfängst, deinen eignen Weg zu gehen. Du ziehst von Zuhause aus, um in einer anderen Stadt studieren zu gehen. Du entscheidest dich, 1 Jahr lang auf Weltreise zu gehen oder du findest einen neuen Job weit weg von der Heimat, der dich zwingt, jeden Tag vier Stunden zu pendeln.

So oder so, dein Leben verändert sich in den Zwanzigern und so ändert sich auch die Zeit, die du mit deinen Freunden verbringst. Je älter wir werden, desto mehr Verpflichtungen hat jeder einzelne und desto mehr Pflege braucht eine Freundschaft.

Mal wieder trifft hier eine pfälzische Weisheit meines Papas zu: “Von nix kummt nix!” Das habe ich in den letzten Monaten selbst gemerkt.

Freundschaften funktionieren nur, indem jeder etwas tut. Indem man eine kleine Sprachnachricht schickt, in der Mittagspause mal kurz anruft, pünktlich zum Geburtstag gratuliert, 7 Stunden nach Hause fährt, um zu einer Party zu kommen oder nachts um 3 Uhr nach Australien zu skypen. Es sind diese kleinen Gesten, die zeigen “Hey du bist mir wichtig! Hey ich brauche dich!” und die eine Freundschaft am Laufen halten.

Gute Freundschaften brauchen die drei wertvollsten Dinge unserer heutigen Gesellschaft: Zeit, Aufmerksamkeit und Zuneigung. Nur wenn du dir regelmäßig die Zeit nimmst, um deinen Freunden Aufmerksamkeit und Liebe zu schenken bleibt die Freundschaft auf Dauer erhalten. Ohne regelmäßige Pflege passiert mit einer Freundschaft das gleiche wie mit einem Lederschuh: Er vertrocknet und geht kaputt.

In diesem Sinne:

»Let us be grateful to people who make us happy, because they are the charming gardeners who make our life blossom.« – Marcel Proust

Bild: pexels

Über den Autor/die Autorin

Pascal Keller

Pascal hat zwar nicht alle Antworten auf das Leben als twentysomething, aber er versucht sie zu finden und damit die Welt zu erobern ;-) In der Zwischenzeit gibt er seine gesammelten Erfahrungen an junge Menschen weiter und hilft ihnen damit, mehr aus ihren Zwanziger zu machen. Vielleicht hilft er auch dir weiter.

Erfahre mehr über Pascal und seine Arbeit auf www.pascalkeller.com

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