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Studium: Viel verändert – außer bei den Vorurteilen

Bild mit dem Titel, verwirren Sie mich nicht mit Fakten, ich habe mir meine Vorurteile bereits gebildet!
Geschrieben von Studiblog Staff

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Studierende gelten immer noch, von außen betrachtet, als chronisch pleite, Partymenschen und extrem nachtaktiv. Die Vorurteile innerhalb der Studierendenschaft sehen dagegen etwas anders aus, sie drehen sich eher darum, wer sich wie kleidet und benimmt. Da sind die typischen Polohemden-Träger mit dem hochgestellten Kragen, die Studierenden, die überwiegend die Kleidungsmarke Marco Polo tragen. Demgegenüber erkennt man das Studienfach derjenigen mit Anzug, Hemd, Krawatte und Aktentasche auch von weitem. Und die Studierenden mit löchrigen Jeans, schmutzverschmierten Hosen, Rucksack und Sonnenbrand können in der Regel auch eindeutig dem Studiengang zugeordnet werden. Und die Lehramtsstudierenden? Sie stehen zumindest im Ruf, entspannter zu sein als der Rest der Studentenschaft.

Warum überhaupt Studium?

Früher einmal war das Studium an der Universität als breit angelegter Wissenserwerb um des Wissens und Verstehens willen gedacht. Das sogenannte Studium Generale an der Universität ist aber schon lange nicht mehr möglich. Das Studium wurde im Laufe der letzten Jahrzehnte immer weiter optimiert, so dass die Studierenden der Wirtschaft als theoriefeste und lernwillige junge Fachkräfte möglichst schnell (jung und formbar) zur Verfügung stehen würden. Spätestens mit der Umstellung auf Bachelor-/Master-Studiengänge im Rahmen der Bologna-Reform wurde das Studium auf Leistung und Effizienz getrimmt.

Warum studieren junge Leute? Früher wurde das Studium aufgegriffen, weil viel Neugier da war. Eine Ausbildung war für den Broterwerb oft ausreichend, die meisten Branchen setzten kein Studium voraus. Wer studierte, wollte lernen, wollte über den Tellerrand schauen, den Horizont erweitern, vielleicht in die Forschung oder ins Ausland gehen. Und nicht jeder wusste vorher, was mit dem Studium später beruflich anzufangen ist.

Heute kann man fast alles studieren, was früher in einer Ausbildung erlernt wurde. Es gibt Studiengänge für Hebammen, für Kindergärtner/-innen, für Menschen in der Lebensmittelbranche, für Reiseleiter/-innen (fernab von Sprachkursen) und vieles mehr. Der Bachelor als erster Abschluss ist ziemlich inflationär, und er befähigt nicht zur Berufsausübung oder irgendetwas sonst. Er ist kein richtiger Studienabschluss, munkelt man. Die Studierenden, die die Bologna-Reform noch während des eigenen Studiums mitbekamen, hatten ihre eigene Meinung zum Thema: Was im alten Magister-Studium die Anforderungen der Zwischenprüfung in den Geisteswissenschaften stellte, wurde plötzlich mit dem Abschluss Bachelor belohnt. Wer nach der Zwischenprüfung aufhörte, galt als Studienabbrecher … Natürlich ist die Umsetzung der Bologna-Vorschriften durch die einzelnen Universitäten und Fachbereich nicht ganz unschuldig an dieser Tatsache.

Creditpoints und Pflichtveranstaltungen statt breit angelegter, freiwillig erworbener Wissensbasis.

Dass die Umstellungen im Rahmen der Bologna-Reform nicht optimal verliefen und die Lehre auf vielen Gebieten litt, ist kein Geheimnis. Waren in den Geisteswissenschaften vor der Umstellung die Studierenden schon im ersten Semester gezwungen, ein hohes Maß an Selbständigkeit zu zeigen (Zusammenstellung des Stundenplans, Vorbereitung auf Prüfungen, Erstellen von Semesterarbeiten und damit einhergehend die selbständige fachliche Ausrichtung des gesamten Studiums) ist heute sehr viel vorgeschrieben. Die Studierenden werden gegängelt, die zu besuchenden Veranstaltungen sind zum größten Teil vorgeschrieben, und damit einhergehend fehlt die früher vorhandene Vielfalt. Außerdem stehen die jungen Menschen zunehmend unter Leistungsdruck, denn die einzelnen Lehrveranstaltungen gehen mit Creditpoints einher, das Studium ist zu einer Punktejagd geworden.

Infografik zur Erfolgsquote von Studierenden zum Artikel Vorurteile in Sachen Studium
Infografik by VEXCASH

Und die Finanzierung?

Nicht alle Universitäten und Hochschulen haben an den in den 2000er Jahren eingeführten Studiengebühren und Semestergebühren festgehalten. Trotzdem ist Studieren auch heute noch alles andere als kostengünstig. Unter dem alten Studiensystem, das auf Diplom oder Magister abzielte, waren die Prüfungsordnungen so angelegt, dass Studierende einen gewissen Spielraum hatten. Freisemester, Semester mit weniger Wochenstunden oder andere „Trödeleien“ waren möglich. Dadurch konnten die Studierenden sich bei Bedarf ihren Lebensunterhalt selbst verdienen. Kellnern, Nachhilfe, Tätigkeiten als Wissenschaftliche Hilfskraft oder gegen Ende des Studiums sogar schon als Wissenschaftliche Mitarbeiter/-innen der eigenen Fakultät waren gut möglich. Viele Studierende verdingten sich in den Abendstunden oder am frühen Morgen als Reinigungs- oder Lagerhilfskräfte, sie konnten die Semesterferien zum Arbeiten nutzen und damit das Studium finanzieren. BAFöG wurde ebenfalls gezahlt, das ist auch heute noch so.

Mit den neuen Studienordnungen ist das etwas schwieriger geworden. Es ist schwerer, genügend Zeit zum Geldverdienen im Stundenplan frei zu halten, und die Semesterferien müssen oft mit Praktika, Prüfungen, Exkursionen oder anderen Praxiserfahrungen verbracht werden. Heute sind Studienkredite eher üblich. Da das Studium auf den Beruf vorbereitet und die Studierenden überwiegend aus der Motivation, eine gut bezahlte Stellung zu finden, studieren, sind die Hemmungen in der Kreditnahme nicht so hoch. Man geht einfach davon aus, dass sich die Investitionen und Kredite lohnen.

Infografik zum Artikel - Studium, viel verändert außer wenn es um die Vorurteile geht
Infografik by VEXCASH

Von universitärer Seite

Früher gab es prozentual gesehen einfach weniger Studierende. Die meisten jungen Menschen entschieden sich für eine mittlere oder niedrigere Schulausbildung, erlernten einen Beruf und arbeiteten. Die wenigen, die wirklich Abitur machten, hatten ein großes Interesse am Studium, waren wissbegierig und wollten lernen. Sie waren engagiert und interessiert. Und es waren wenige. Die Universitäten waren in der Lage, die kleinen Kreis der Bildungselite gute Betreuung und gute Ausstattung zu bieten. Heute sind Universitäten überfüllt, die Hörsäle können die Mengen an Studierenden kaum fassen, und die Ausstattung lässt zu wünschen übrig. Und das betrifft auch die personelle Ausstattung: Wenn die Lehrveranstaltungen zu einem Massenevent werden, leidet die Wissensvermittlung. Viel wird heute digital abgewickelt: Skripte aus dem Internet können genauso prüfungsrelevant sein wie das einzige in der Universitätsbibliothek vorhandene Exemplar eines Lehrwerks. Da die Studierenden auf jede einzelne Note angewiesen sind (die Leistungen des gesamten Studiums addieren sich in der Endnote auf), hat das unangenehme Auswirkungen.

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