Studentenbeiträge

Ein ganz normaler Freitagabend

Freitagabend Freundesrunde in einer Kneipe mit Bier in der Hand
Geschrieben von Freddy J

Freitagabend – „eine trinken ja, aber weggehen tun wir nicht!“

Wir treffen uns in der X-Point-Halle, schauen Harry G an. Lachen, trinken Bier, lachen und trinken Bier. Ein ganz normaler Freitagabend. Wir wollen weiter. Aber heute gehen wir nicht feiern, heute trinken nur woanders noch ein schnelles Bier. Wir schonen uns für die Dult – so haben wir das alle beschlossen und hoch und heilig versprochen.

Also ab ins Stammwirtshaus. Die Bedienung bringt das Hopfengetränk in unseren Steinkrügen. Man muss schon sagen, dass es ein unbeschreibliches Gefühl ist, in ein Wirtshaus zu gehen und ohne vorherige Bestellung das Lieblingsgetränk im Steinkrug, auf dem dein Name eingraviert ist, serviert zu bekommen – DAS ist bayerisches Lebensgefühl! Weil man auf einem Bein nicht steht, wird das zweite Getränk geordert und die Planung des weiteren Abends ins Auge gefasst.

„Jetzt ist es Zwölf. Die wollen dann bestimmt gleich zumachen. Sollt ma woanders na eine schnelle trinken. Also ned fuadgeh, sondern nur woanders eine trinken?“ – „Also fuadgeh mag i ned, aber woanders könnt ma scha na eine trinken“, antwortet Tobi auf Marcs suggestive Frage (er ist schon ein Hund dieser Marc).

Ein „letztes“ schnelles Bier

Das Stadtbeisl, das für solche Nur-noch-ein-letztes-schnelles-Bier gerne her hält, ist heute überfüllt. Deswegen ins Soda – natürlich nur eine trinken, nicht feiern gehen! Tobi hat Kopfweh, hinterlegt den Schlüssel im stinkenden Schuh – ein grober Fauxpas der sich noch rächen wird.

Wir, die verbleibenden drei gehen weiter. Über das Kopfsteinpflaster dieser schönsten aller Städe, vorbei an vollen Schaufenstern, Dönerläden, Rauchern, Frauen mit zu kurzen Röcken, Haubentauchern, über die Podesttreppe rein ins Soda, ab an die Bar. Weil wir ja den anderen Anwesenden deutlich machen wollen, dass wir heute nur eine trinken und nicht feiern, stellen wir uns provokant auf. Bestellen tun wir das gleiche wie sonst auch. Nur heute ist das Gefühl ein anderes, heute trinken wir nur eine schnelle. Was wir heute nicht tun, da wir ja nicht feiern gegangen sind, ist tanzen. Dass wir das auch sonst nicht tun ist unerheblich. Um unser Vorhaben zu untermauern bilden wir ein Dreieck. Mit Menschen außerhalb dieses Dreiecks kommunizieren wir nicht, schauen sie nicht an und überhören sie hochnäsig. Grüße von Bekannten, Frauen, die uns anmachen und ihre Handynummer zuschieben, Freigetränke, Schüsse, wir ignorieren alles; heute sind wir für uns und trinken nur eine Schnelle.

Das erste Getränk ist rasch vorbei, so war es ja auch vereinbart: Eine schnelle. „Vielleicht sollt ma noch woanders eine Schnelle trinken?“. Marcs rhetorische Frage findet rasche rege raunende Zustimmung. Also: Über das Kopfsteinpflaster, vorbei an vollen Schaufenstern, Dönerläden, Rauchern, Frauen mit zu kurzen Röcken, Haubentauchern, über die Podesttreppe rein in die Camera, ab an die Bar. Dort stellen wir uns erneut provokant auf. Wie schon im vorigen Club, nur mit etwas mehr Promille. In unserem abweisenden Dreieck trinken wir ein Bier und dann noch eins. In diesem Gedränge mag das so richtig keiner verstehen, dass wir heute nicht beim Feiern sind, sondern einfach nur eine schnelle trinken wollen. Rein optisch unterscheiden wir uns ja auch nicht von den übrigen Gästen. Nur unsere Einstellung, die ist eine andere. Immer wieder wagen es Leute sich zwischen uns zu drängen. Groupies, Milfs und Cougars; sie alle werden abgewiesen, geächtet, an den Pranger gestellt. Wir wollen für uns sein! Nach dem dritten güldenen Getränk finden wir uns in diesem Unruheort neu ein.

Freitagabend – „Vielleicht is ja im Soda jetzt was los?“,

regt Reiseleiter Marc an. „Aber nur schaun“, mahnt Dominik an. Deshalb wieder zurück:

Weg von der Bar, über die Podesttreppe raus aus dem Club, vorbei an den Haubentauchern, Frauen mit zu kurzen Röcken, Rauchern, Dönerläden, an vollen Schaufenstern, das Kopfsteinpflaster, über die Treppe ins Soda. Nicht an die Bar, nur zum Schauen! Aber dann doch an die Bar, ein neues, schnelles Getränk. Die Promille steigen, die Lust am Feiern-gehen nicht. Es wird nicht getanzt, es werden keine Frauen angesprochen. Nur das abweisende Dreieck hat Bestand, signalisiert unsere Abwehrhaltung gegen diesen unreflektierten Feierwahn. Wir? Stehen einfach nur da und trinken eine schnelle. Die ist dann aber um 02.00 Uhr auch leer. Also wieder raus auf die Straße, ab nach Hause. Lange genug haben wir dieses Prozedere nun prozediert.

„Auf an Döner hätt i jetzt schon noch Bock.“ Wieder findet Marcs Ersuchen Zustimmung. Wir gehen in das entlegenste Lokal; wo wir dieses Mal keine trinken. Nur schnell essen. Fast-Food halt. Döner vorbei. Wir stehen in der Luft. Der Marionetten-Spieler lässt uns hängen. Zum Glück nicht nicht lange: „I hab ja den Schlüssel vom Tobi. Vielleicht sollt ma da na reinschauen?“. Und los:

Über das Kopfsteinpflaster dieser schönsten aller Städte, vorbei an vollen Schaufenstern, Dönerläden, Rauchern, Frauen mit zu kurzen Röcken, Haubentauchern, über die Podesttreppe rein in Tobis Wohnung, wo er schläft; und seine Freundin auch. Darum sind wir leise. Auf Zehenspitzen öffnen wir den Kühlschrank. Sind schockiert und den Mangel an Bier und weichen auf Weißwein aus. Bewaffnet mit drei Weingläsern führt uns Marc durch die Wohnung.

Es ist schon erstaunlich welche neuen Ansichten man über den Bewohner gewinnt, wenn die Wohnungsführung ein Fremder durchführt. Er zeigt uns Zahnbürsten, die nicht die seinen sind. Erklärt die Funktionsweise von Zahnseide am praktischen Beispiel. Spricht über den Essens- und Müllplan der nie der seine war und es auch nie sein wird.

Freitagabend, Absacker im Wohnzimmer

Nach dieser aufschlussreichen Führung finden wir uns im, ans Schlafzimmer angrenzende, Wohnzimmer ein. Bei Wein und Snacks reden wir über das Leben und trinken noch schnell aus. Mit jedem Schluck steigt die Intensität der Gespräche und wir wachsen über unseren eigenen Intellekt hinaus. Wir fühlen uns wohl. Tobi anscheinend auch, der schläft nämlich tief und fest weiter; und seine Freundin auch.

Dann ist es Zeit ade zu sagen. Also sagen wir leise Servus, verabschieden unseren Gastgeber und machen uns auf den Nachhauseweg – zu zweit. Soda hat leider zu und wir gehen deshalb tatsächlich heim. Natürlich schließen wir den Abend ab mit den Worten: „Zum Glück sama heid ned fuad ganga und haben uns geschont für die kommende Dult.“

Das wirklich Schlimme ist, wir meinten das ernst. Um 04:30 Uhr, mit etwa eineinhalb Promill intus. Ein ganz normaler Freitagabend eben.

Und wie war dein letzter Freitagabend so?

Klicke oder ziehe Dateien in diesen Bereich zum Hochladen. Du kannst bis zu 3 Dateien hochladen.
=

Über den Autor/die Autorin

Freddy J

Einen Kommentar abgeben

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.