Studentenbeiträge

Herz über Kopf – Oder wann Kopfmenschen besser auch auf ihr Bauchgefühl hören sollten.

Nachdenkliche Frau, der Kopf in die Hand gestützt, mit Blick auf Geleise zum Thema Kopfmenschen sollten auch hin und wieder ihre Gefühle sprechen lassen
Geschrieben von Ahrina Timido

Herz über Kopf

Oder wann Kopfmenschen besser auch auf ihr Bauchgefühl hören sollten.

Kopfmenschen

Die meisten Studenten sind Kopfmenschen, das heißt, erst Denken, dann handeln. Kopf über Herz. Grundsätzlich kein schlechter Weg, damit sind wir all die Jahre gut durch unsere schulische Laufbahn gekommen. Das deutsche Schul- und Hochschulsystem fördert Kopfmenschen, sie haben in diesem Kontext oft eindeutige Vorteile. Schwierig wird es dann, wenn vor lauter Nachdenken, Überdenken, Bedenken,… keine Handlung folgt, wenn Denken zu keiner Entscheidung führt.

Immer wenn es Zeit wird zu gehn
Verpass ich den Moment und bleibe stehn
Das Herz sagt bleib
Der Kopf schreit geh
Herz über Kopf

(Herz über Kopf, Joris)

Ja, wie viele Handlungsmöglichkeiten haben wir schon kaputt-gedacht, wie viele Gelegenheiten versäumt, wie oft gedacht statt gemacht… und uns hinterher darüber geärgert.

Natürlich macht es Sinn, sein Hirn zu benutzen und Konsequenzen zu bedenken, statt sich blindlings in jedes Abenteuer zu stürzen. Und natürlich gibt es kein Patentrezept, wann für wen Herz über Kopf oder Kopf über Herz zu gelten hat.

Im Folgenden haben wir einige Situationen zusammengestellt, in denen es auch für die ausgeprägten Kopfmenschen unter euch definitiv Sinn macht, das Motto „Herz über Kopf“ zu beachten. Wann sollten wir besser unserem Bauchgefühl, unserer Intuition vertrauen?

Herz über Kopf in Gefahrensituationen

Manche Situationen sind so alt, wie die Menschheit selbst und betreffen oftmals Lebensentscheidendes. Und diese grundsätzlichen Entscheidungen sind der erste unserer Punkte, bei denen das Herz, also das Bauchgefühl, dem Kopf deutlich überlegen ist. Angenommen, ein Säbelzahntiger rannte auf einen Steinzeitmenschen zu. Überlebte der, der die Beine in die Hand nahm und die Flucht ergriff, oder der, der stehen bleib und über die Vor- und Nachteile verschiedener Handlungsweisen nachdachte? Ins Heute übertragen heißt das zum Beispiel, du fährst in eine Kreuzung und erkennst, dass dir ein anderes Auto gerade die Vorfahrt nimmt. Steigst du intuitiv in die Eisen, oder berechnest du, ob Ausweichen, Gas geben oder Bremsen die bessere Strategie ist?

Die Beispiele verdeutlichen, dass es in Gefahrensituationen von Vorteil ist, der Intuition das Ruder zu überlassen. Die Wissenschaft nennt diese Art, Entscheidungen zu treffen, Heuristiken. Heuristiken sind in Fleisch und Blut übergegangene Handlungsmuster, die jeder rationalen Überlegung weit voraus sind.

Herz über Kopf bei alltäglichen Bewegungsabläufen

Auch langfristig antrainierte, standardisierte Bewegungsabläufe erfordern keine große Denkleistung. Im Gegenteil, Nachdenken kann dabei sogar hinderlich sein. Du gehst auf eine Treppe zu. Denkst du darüber nach, welche Bewegung deine Beine als nächstes ausführen müssen, um nicht über die Stufen zu stolpern? Wohl nicht! Gehen, Schreiben, Auto fahren und viele andere Bewegungsabläufe sind automatisiert in unseren Handlungsmustern abgespeichert. Sie laufen schnell und unüberlegt ab. Wie würde wohl eine Turnerin auf dem Schwebebalken wirken, wenn sie über jede Bewegung nachdenkt, bevor sie sie ausführt. Die notwendige Leichtigkeit wäre verloren, ihre Konzentration von unnötigem Denken beeinträchtigt. Wenn du bei alltäglichen Bewegungsabläufen über jeden Schritt einzeln nachdenken willst, machst du dir selbst das Leben schwer und verhinderst flüssige Bewegungsabläufe im „Autopilot“.

Herz über Kopf bei Routineaufgaben

Routineaufgaben verlaufen nach dem selben Prinzip wie routinierte Bewegungsabläufe. Dein Gehirn hat die Vorgänge abgespeichert. Sie laufen nach dem Prinzip „alles so wie immer“ selbständig und (nahezu) fehlerfrei ab. Bewährte Lösungen für eine wiederkehrende Anforderung werden auch beim 101. Mal funktionieren, wenn sie die ersten 100 Mal funktioniert haben. Daran ändert auch Nachdenken nichts, es dauert nur länger und behindert dich in deiner Effizienz.

Herz über Kopf bei unkontrollierbaren Situationen

Wir alle kennen Situationen, in denen wir feststellen, dass wir das, was um uns passiert, nicht kontrollieren können. Andere Menschen treffen Entscheidungen für uns oder handeln über unsere Köpfe hinweg, ohne uns Einflussmöglichkeiten zu lassen. Egal, wie viel wir auch darüber nachdenken, grübeln, überlegen oder abwägen, die Situation und unsere tatsächlichen Handlungsmöglichkeiten ändern sich dadurch in keinster Art und Weise. Das Einzige, was sich ändert, ist das Energielevel, das wir für adäquate Handlungen zur Verfügung haben. Unser Rat für unkontrollierbare Situationen lautet daher: Grüble nicht über theoretische Möglichkeiten, die dir praktisch nicht zur Verfügung stehen. Hätte, wenn und aber blockiert dein intuitives Handeln, das in unkontrollierbaren Situationen erwiesenermaßen ein besserer Ratgeber ist als der Kopf.

Herz über Kopf in Beziehungsfragen

Der erste Eindruck zählt. Und das ist nicht nur eine bekannte Redewendung, sondern eine erwiesene Tatsache. Binnen sekundenbruchteilen bilden wir uns eine Meinung über unser Gegenüber. Natürlich heißt das nicht, dass wir uns blindlings von Vorurteilen leiten lassen sollen, trotzdem entscheiden wir automatisch Herz über Kopf über Sympathie und Antipathie. Wir ordnen ein, wem wir schneller vertrauen können und wem wir lieber mit Vorsicht begegnen. Um uns einen ersten Eindruck von einer fremden Person zu verschaffen, ist das Herz der einzige brauchbare, da schnelle, Ratgeber. Dass in festen Partnerschaften viele Entscheidungen Herz über Kopf getroffen werden, versteht sich von selbst. Verliebt sein lässt sich zwar wissenschaftlich erklären, aber nur von Außenstehenden. Schmetterlinge im Bauch zerplatzen und rosarote Brillen zerbrechen, wenn wir anfangen, sie rational, logisch zu „zerdenken“. Es heißt in dem bekannten Gedicht über die Liebe von Erich Fried:

Es ist Unsinn sagt die Vernunft.
Es ist, was es ist sagt die Liebe.

Herz über Kopf, wenn es gerade einfach läuft.

Alles im Leben geht bergauf und bergab. Und jeder hat mal Phasen, in denen es einfach läuft. Es scheint einfach alles zu gelingen, ohne dass wir uns besonders dafür anstrengen müssen. Wir sind motiviert und können effizient und zielstrebig arbeiten. Ja, so etwas gibt es, wir müssen es nur erkennen und akzeptieren, dass es gerade so ist. Ohne über ein „warum ich“ und „wieso gerade jetzt“ und „wie lange wohl“ nachzudenken. Denn sobald du anfängst, deine auf Produktivität konzentrierte Energie umzulenken auf sinnloses Nachdenken, fehlt sie dir dort, wo sie dir gerade noch so gut getan hat. Produktive Phasen beendest du am sichersten, wenn du intensiv über den Grund deiner Produktivität nachdenkst. Also lass es, genieße lieber deinen Elan im hier und jetzt. Alles, was dir in dieser Hochphase leicht von der Hand geht, hast du später schon erledigt, wenn du wieder mühsam um jede Stunde Motivation und Arbeitseifer ringen musst.

Quelle: Giphy

Fazit

Es wäre jetzt platt zu sagen, Nachdenken schadet. Natürlich nicht! Viel zu viele Menschen treffen unüberlegte Entscheidungen aus dem Bauch heraus, unter denen sie und/oder ihre Mitmenschen dann zu leiden haben. Und trotzdem möchten wir in diesem Artikel eine Lanze brechen für die Intuition, das Bauchgefühl. Für Herz über Kopf.

Das Nachdenken in allen erdenklichen Lebenssituationen bekommen wir von klein auf antrainiert, das intuitive Handeln systematisch abgewöhnt. Dabei zeigt unser Artikel in nur wenigen exemplarischen Beispielen, wie wichtig eine gute Intuition für effektives Handeln ist. Gerade als Studenten sind wir an ausgeprägte Kopfarbeit gewöhnt, das ist unser Metier in dem wir uns wohl fühlen.

Aber wagen wir doch von Zeit zu Zeit den Blick über den Tellerrand, verlassen unsere Gewohnheiten, stehen wir uns nicht selbst im Weg und geben unserem Herz eine Chance. Wagen wir, aus dem Bauch heraus Entscheidungen zu treffen, denn nur wer sich entscheidet wächst daran.

 

Wie sieht´s mit dir aus? Bist du eher ein Kopf- oder ein Bauchmensch? Welche Erfahrungen hast du in verschiedenen Situationen mit deiner eigenen Charakteristik gemacht? Schreib uns!

 

Über den Autor/die Autorin

Ahrina Timido

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