Studentenbeiträge

Das 1×1 des Abschied nehmens

Abschied nehmen - kleine Reklametafel steht auf dem Tisch mit den Worten "Goodbye friends".
Geschrieben von l.zell

Vom Spagat, alte Freunde zu wahren und neue zu gewinnen

Als Großstadtmensch, der jahrelang in einer 40.000 Einwohner Kleinstadt versauern musste, war für mich schon lange klar: fürs Studium geht es raus in die große weite Welt. Auch wenn es dann statt den USA letztendlich nur das vier Stunden entfernte Dortmund geworden ist, so hieß es dann trotzdem Abschied nehmen. Nicht nur Mama, Papa, Bruder und Katze, auch die Freunde, mit denen man bisher fast jeden Tag verbracht hatte, würde ich höchstens alle paar Wochen zu Gesicht kriegen. Klar, die alten Gerüchte, Intrigen und Bitch Fights, die wohl jede Schule zu bieten hat, hinter sich zu lassen, hat auch seine Vorteile, aber irgendwie ist einem die vertraute Umgebung doch sehr ans Herz gewachsen.

Mit dem Versprechen, so oft wie möglich nach Hause zu kommen, machte ich mich Ende letzten Jahres dann auf ins Unbekannte. Lauter neue Gesichter, Charaktere und Persönlichkeiten erwarteten mich. Meist kristallisiert sich ja schon in den ersten Tagen heraus, mit wem es passt und vor allem, mit wem eher nicht so. Kleiner Tipp an dieser Stelle: auch anfangs nicht so ansprechende Mitstudenten können sich zu richtig tollen Freunden entpuppen, hätte da ein paar gute Beispiele auf Lager. Also immer offen und freundlich bleiben!

In den ersten drei, vier Monaten war ich dann auch noch recht häufig zu Hause

Die Partys in der Heimat waren besser, die Leute cooler drauf und die Dusche im heimischen Badezimmer lieferte, im Gegensatz zu der Notlösung in Dortmund, beliebig viel warmes Wasser. Arbeit oder Prüfungen schränkten die Rückfahrten dann aber doch immer mehr ein. Und, wer hätte das gedacht, schon fingen die ersten engen Freundschaften langsam zu bröckeln an. Der Kontakt wurde immer sporadischer und wenn man sich dann doch mal wieder sah, hatte man so gar keinen Schimmer mehr was im Leben des anderen gerade abging.

Jetzt, ziemlich genau ein Jahr nach meinem Abschied aus der Heimat, haben sich aus einer bunten, großen Freundesschar nur noch meine drei besten Freundinnen herauskristallisiert. Die anderen trifft man immer wieder zufällig beim Feiern, aber die enge Bindung ist vorbei. Und mit drei Stück liege ich da noch verhältnismäßig weit vorne. Ich kenne mehrere Fälle, die außer der Familie keinen Grund mehr haben, zu den Wurzeln zurück zu kommen.

Jeder Abschied ist auch ein Neuanfang

Wer seinem Geburtsort den Rücken kehrt, muss sich auf einiges an Veränderungen im Bekanntenkreis gefasst machen. Es geht hier aber keineswegs darum, Trübsal zu blasen oder von neuen Wegen abzuraten, im Gegenteil, langfristig halten tun sowieso nur die wirklich wahren Freundschaften.  Die lustigen Partyfreunde sind zwar auch wichtig, lassen sich aber in absolut jeder Stadt finden, versprochen.

Wichtig ist, den Kontakt zu den wirklich besonderen Menschen zu halten, egal ob man gerade verplant ist oder nicht. Klar, jeder hat sein eigenes Leben und das Studium kann schon ganz schön stressig werden. Trotzdem sind die wenigen ernsten Freundschaften mit viel Mühe zu wahren. Um seine Lieben wiederzusehen, muss man auch bereit sein, die eine oder andere Hürde zu überwinden. Wer aber zu sehr in alten Erinnerungen schwelgt verbaut sich die Chance auf neue Bekanntschaften.

Zusammengefasst: Man sollte dort zu Hause sein, wo man seinen Wohnort hat, aber dennoch beim Abschied nehmen nicht vergessen, wo man herkommt.

Post-Abitur Struggle

Über den Autor/die Autorin

l.zell

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