Studentenbeiträge

Studieren als Arbeiterkind – warum viele Vorurteile nicht stimmen

Arbeiterkind Studium und die Vorurteile
Geschrieben von Redaktion

Arbeiterkind.

Etwa ein Drittel der Jugendlichen stammt aus einer Arbeiterfamilie. Dennoch absolvieren nur ca. 10% von ihnen eine Hochschulausbildung. Folglich sind Kinder aus der Arbeiterklasse in der Hochschulbildung stark unterrepräsentiert. Woran liegt das? Welche Vorurteile gibt es und was bedeuten diese für Arbeiterkinder? Warum solltest du dich trotzdem nicht von Vorurteilen von einem Studium abschrecken lassen?

Studium oder Ausbildung – die Eltern prägen dich als Arbeiterkind

Dass die meisten Studierenden, die an einer Hochschule eingeschrieben sind, auch Eltern mit akademischem Hintergrund haben, ist kein Zufall. Dies liegt aber keineswegs an den intellektuellen Fähigkeiten, sondern hat vielmehr mit der Sozialisation zu tun – also dem Umfeld und der Art und Weise, wie du aufwächst. In unserer Kindheit und insbesondere durch unser Elternhaus lernen wir Normen und Werte kennen. Das trifft auch für sprachliche Kompetenzen zu, auf Talente und Interesse, aber ebenso auf Denkweisen, etwa dazu welche beruflichen Tätigkeiten „etwas für einen sein“ könnten. Du schaust dir Verhaltensmuster von deinen Eltern ab. So kann es beispielsweise sein, dass ein Elternteil im Handwerk arbeitet und eher ein „Macher“ ist, gern vieles selbst repariert und diese handwerklichen Fähigkeiten auch als besonders wichtig für das Leben erachtet.

Du übernimmst als Arbeiterkind diese Wertvorstellung (oder Vorurteile) und interessierst dich dann eventuell auch eher dafür, wie man das Fahrrad oder Auto repariert und weniger dafür, wie man Gedichte interpretiert oder physikalische Zusammenhänge berechnet. Daher liegt es dir erst einmal etwas fern, dich mit bestimmten Themen zu beschäftigen – auch wenn du natürlich immer entscheiden kannst, dich auch mit typisch akademischen Themen auseinanderzusetzen. Sogar Vorurteile vor bestimmten Berufsgruppen können dabei eine Rolle spielen, beispielsweise „Die Leute in Führungsetagen haben doch alle keine Ahnung von dem, was im Unternehmen wirklich passiert.“ oder „Wer im Büro arbeitet sitzt den ganzen Tag nur herum und macht nichts.“. Diese Vorurteile halten dich dann erst einmal davon ab, dich mit solchen Berufskarrieren zu beschäftigen.

Vielleicht hilft es dir bei der Berufswahl zu überlegen, welche Studienrichtung mit dem, was sich interessiert, zusammenpassen könnte. Für jemanden, der gern selbst repariert wären beispielsweise Fahrzeugbau oder Maschinenbau passende Studienrichtungen. Ein Interesse an eher praktischen Dingen muss also nicht unbedingt bedeuten, dass du als Akademiker ungeeignet wärst.

Fehlende Rollenvorbilder für ein Arbeiterkind

Neben unserem Elternhaus prägt uns auch unser Umfeld als Arbeiterkind. Mit dem Umfeld sind beispielsweise Verwandte, aber auch Freunde deiner Eltern sowie deren Kinder gemeint. Das Umfeld sind die Menschen, mit denen wir zusammen aufwachsen. Hierbei gilt: wir freunden uns eher mit Personen an, die einen ähnlichen Bildungshintergrund haben – weil wir unsere Freunde oftmals in der Ausbildung oder im Job kennenlernen. Zwar ist es theoretisch möglich, dass sich beispielsweise die Ärztin mit der Krankenschwester anfreundet oder der Bandarbeiter mit dem Ingenieur, aber in der Realität bleiben die einzelnen Teams im Beruf eher unter sich und so bilden sich auch eher Freundschaften zu Personen mit einem ähnlichen Bildungshintergrund.

Das hat dann zur Folge, dass manchen jungen Menschen die Rollenvorbilder für akademische Karrieren fehlen, weil sich in ihrem Umfeld und im Verwandtenkreis sowie im Umfeld ihrer Eltern kaum Akademiker befinden. Vielleicht ist ein Studium daher für dich etwas ganz Abstraktes und du kannst dir gar nicht vorstellen, was Menschen im oder nach dem Studium machen, weil das für dich wenig „greifbar“ erscheint. Dieses Manko kann aber einfach überwunden werden, etwa indem du dich im weiteren Umfeld doch mit jemandem austauscht, der studiert hat oder indem du auf Youtube und Co. Videos über typische wissenschaftliche Berufe anschaust und darüber Einblicke gewinnst – ganz ohne Vorurteile.

Weitere Vorurteile: Fehlt es deinen Eltern an Geld?

Akademiker-Eltern verdienen nicht automatisch mehr als Eltern mit einer Ausbildung. Das sind Vorurteile, wenn auch positive. Das Gehalt hängt sehr davon ab, wo jemand arbeitet und welche Position die Person da hat. Das Studium alleine bringt noch kein Traumgehalt mit sich, wie Vorurteile besagen, und daher muss es auch nicht so sein, dass Eltern ohne eigenes Studium weniger verdienen und ihrem Kind kein Studium bezahlen könnten. Aber auch wenn deine Eltern dir das Studium nicht finanzieren können, gibt es andere Möglichkeiten, etwa BAföG oder Studienkredite, Nebenjobs oder Stipendien, bei denen es übrigens gar nicht immer auf Spitzenleistungen ankommt, sondern manchmal eher auf das Engagement für bestimmte Themen. Du siehst also, man braucht keine „reichen“ Eltern zum Studieren und die wenigsten Akademiker-Kinder wurden in ein goldenes Nest hinein geboren.

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Arbeiterkind – Die Spielregeln der Hochschulwelt

In Filmen oder anderen Medien wird das Leben an der Universität manchmal ganz anders dargestellt als es in Wirklichkeit aussieht. Weder besteht das Studium daraus, von einer angesagten Studentenverbindungs-Party zur nächsten zu tingeln noch daraus, ständig angestrengt über schwerwiegende gesellschaftliche Themen zu grübeln oder wissenschaftliche Diskurse zu führen. Akademische Dinner, bei denen man perfekte Tischmanieren präsentieren muss, sind heute auch unüblich – kaum ein Student dürfe je bei so einer Veranstaltung gewesen sein und Bälle oder Gala-Abende mit Professoren sind auch alles andere als häufig. Es gibt Studentenpartys, aber diese verlangen keine herausragenden Knigge-Kenntnisse und sind zudem eher als Freizeitaktivität einzuordnen.

Je nach Studienfach unterscheiden sich die Kompetenzen, die benötigt werden und auch die Mentalität kann je nach Fachbereich ganz anders sein. In allen Fächern kommt es eher darauf an, Wissen für sich zu strukturieren und selbst eigenes Handwerkszeug zu erwerben – und wie das geht, kannst du dir durch eigene Erfahrungen und ein zunehmend selbstständiges Lernen aneignen. Du brauchst also für ein Studium keine herausragend guten Manieren und Benimm-Kenntnisse. Das Studium ist kein Pendant zum Abenddinner beim Opernball oder Staatsempfang, sondern einfach nur ein Rahmen, in dem Menschen zusammen lernen, sich dabei auch gegenseitig kennenlernen und Erfahrungen austauschen. Wirf diese Vorurteile also über Board!

Vorurteile: Schlechte Chancen für ein Arbeiterkind im Berufsleben?

Obwohl Kontakte zu Personen in Entscheidungspositionen und Führungskräften – also das Vitamin B – sicherlich nicht falsch sind, kannst du auch ohne solche Kontakte gute berufliche Positionen erlangen. Hier haben Akademikerkinder nicht unbedingt einen Vorteil, denn nur weil ein Student andere Akademiker kennt, bedeutet dies nicht zwangsläufig, dass diese dem Studenten auch bei der beruflichen Entwicklung von Vorteil sind. Einfach nur jemanden zu kennen, der irgendwo arbeitet, dort aber keine Entscheidungsbefugnisse in Personalangelegenheiten hat, nützt meist wenig. Dein Auftreten kannst du auch durch die Erfahrungen im Studium formen und dich etwa durch Hochschulgruppen mit beruflichem Hintergrund oder Angebote zur Berufsvorbereitung damit auseinandersetzen, was an Soft-Skills im Arbeitsleben gefordert wird.

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Kennst du diese Vorurteile? Wie sehen deine Erfahrungen damit aus?

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