Ich habe knappe 2 Minuten überlegt was für einen Titel ich dieser Geschichte geben sollte, die sich da gerade ereignet hat. Das waren 2 Minuten Lebenszeit zu viel. Nicht nur, weil ich sonst nie länger als 2 Sekunden über einen Titel oder den allermeisten Inhalt meines Geschreibsels nachdenke, sondern so ganz generell: Das war zu viel Lebenszeit und jede weitere Minute und Sekunde die für diese Geschichte draufgeht ist es auch. Die Bitch hat schon mehr als genug Zeit, Platz und Raum bekommen.
Die Bitch ist meine Nachbarin
Über mir. Nicht nur Wohnungslagen-technisch, sondern von ihr persönlich auch sozial und überhaupt und sowieso menschlich so gefühlt. Anastasia (wie eine der bösen Stiefschwestern von Aschenputtel) ist nämlich Frau Dr. und denkt sich deswegen einfach alles erlauben zu können. Ein besserer Mensch. Ein Übermensch. Die Krone der Schöpfung und unserer westlichen Zivilisation in die ihre türkischen Eltern eingewandert sind. Na wie dem auch sei….
Ich hatte mit Anastasia, seitdem ich in diesem Haus wohne, noch nie viel zu tun und war darüber auch ganz froh. Meine ehemalige Mitbewohnerin, zu der ich damals dazu zog, hatte mir schon eher unerfreuliche Geschichten erzählt und das reichte mir eigentlich auch. Ich ignorierte das Bohren und Hämmern zur Mittagszeit und die Maschine, die sie in der Früh immer anwirft und die anscheinend am Boden steht und deswegen alles vibrieren lässt….da gibt es noch so einiges anderes, das ich aus der Wohnung über mir ignoriere, einfach weil mir der Haussegen und mein persönlicher Frieden wichtiger sind und ich unangenehmer Konfrontation mit uneinsichtigen Nachbarn gerne aus dem Weg gehe. Heute allerdings kam ich am Abend nachhause und in meinem Klo war es nass, weil Wasser aus der Decke tropfte.
DAS konnte ich dann nicht mehr ignorieren
Also lief ich hoch und klingelte an der Tür der Nachbarin. Niemand machte auf. Es war mittlerweile halb neun Abends und Schuhe standen vor der Tür. Wieso machte da denn niemand auf? War da echt keiner zuhause? Ich probierte es weiter. Nichts. Keine Reaktion. Nicht sehr super. Also rief ich meinen Mitbewohner an, dass er bitte nachhause kommen soll. Dann telefonierte ich mit der Hausverwaltung, die meinte ich müsse die Feuerwehr rufen, weil ein Wasserschaden kein Spaß ist und das Wasser ja aus der Wohnung über mir kommt und man also in diese Wohnung muss, um den Schaden zu klären. Die Idee, dass ich in der Nacht die Feuerwehr verständige, damit dann die Wohnungstür meiner ohnehin schwer Divenhaften-Nachbarin aufgebrochen wird, war jetzt eher das allerschlechteste Szenario, fand ich. Aber was blieb mir denn anderes übrig?
Ich lief nochmal das Stiegenhaus hoch und klingelte erneut, in der Hoffnung, dass sie vielleicht doch zuhause war. War sie auch tatsächlich. Sie riss die Wohnungstür auf und ich sagte total erleichtert: „Gott seid Dank!“, weil ich in dem Moment echt erleichtert war sie zu sehen und ich denke nicht, dass das auf dieser Welt viele Menschen behaupten, wenn sie sie zu Gesicht bekommen. Den – für sie – besonderen Moment zerstörte die Vogelscheuche aber sofort, indem sie mich aus ihrem mit Gesichtsmaske verklebten Gesicht anfauchte: „Ja! Gott sei Dank! Was soll denn das?? Ich war schon im Bett!!“ Aha. Oookay, das war jetzt nicht der beste Einstieg in diese Unterhaltung.
Um die Situation zu deeskalieren (obwohl ich noch leicht irritiert war, dass sie schon eskaliert war) lächelte ich freundlich und entschuldigend und versuchte ihr die Situation zu erklären. „Und was willst du jetzt von mir??“, fragte die Frau mit der Gesichtsmaske entnervt. „Naja…“, sagte ich und verstand die Frage nicht so ganz. „Offensichtlich kommt das Wasser von oben, also aus deiner Wohnung.“ „Bei mir ist aber nichts nass!“ Ja, ähm…“Es wird vermutlich ein Rohr oder eine Leitung sein, die zwischen unseren WCs liegt.“ „Das ist ja nicht mein Problem. Bei mir ist ja nichts nass!! Ich bin Ärztin, ich muss morgen um 5 Uhr raus (sie ist in der Ausbildung zur Dermatologin…) und bin auch den ganzen Tag nicht zuhause. Ich kann mich darum nicht kümmern und es ist auch nicht mein Problem.“
BOAH! She was like:
Von so viel Bitch-Gehabe war ich echt überrascht. Ich kann mir auch was Schöneres vorstellen, als einen Wasserschaden bei mir in der Wohnung zu haben. Ich versuchte ihr zur erklären, dass der Schaden nicht in meiner Wohnung liegt, sondern ich nur Opfer der Auswirkungen des Schadens bin….ein Schaden der von OBEN kommt und sie wohnt nun mal ÜBER mir. Um die Situation aber irgendwie zu entspannen, bot ich ihr an nochmal die Hausverwaltung anzurufen. Der Mann am anderen Ende der Leitung meinte, dass er nach wie vor nicht zuständig wäre und dass das nun Sache meiner Nachbarin wäre, zumal sie auch Wohnungsbesitzerin ist. Er meinte die Dame solle die Stadtwerke informieren und die würden dann jemanden vorbeischicken. Ich teilte das also meiner Nachbarin mit, die sich absolut weigerte irgendjemandem anzurufen. „DAS IST NICHT MEIN PROBLEM!“
„Bitte.“, sagte ich.
„Wir müssen da jetzt zusammenarbeiten. Ich kann den Installateur nicht alleine rufen, weil er ganz sicher in deine Wohnung muss. Man stemmt eine Wand auch nicht von unten auf und wenn der Schaden zwischen unseren Wänden liegt, dann muss er in deine Wohnung.“ Es war aussichtslos, aber in alle grauenvollen Details will ich gar nicht mehr hineingehen. Richtig lustig wurde es jedenfalls als mein Mitbewohner dazustieß. DANN eskalierte es erst so richtig und ich stand daneben und wunderte mich einfach nur, wie man als ‚Ärztin‘ in angespannten und meinetwegen sozial heiklen Situationen so derartig die Nerven und Kinderstube wegschmeißen kann. Die Frau ist einfach nur schrecklich (asozial).
Vor gut 20 Minuten stand jetzt übrigens ihr Vater vor der Tür, von dem sie vorher, als ich sie bat doch bitte dann zumindest morgen Vormittag jemanden zu organisieren, der in der Wohnung ist, wenn sie arbeiten muss, weil das in ihrer fucking Verantwortung liegt!, behauptete, dass er im Ausland sei. Der gute Mann (auch Dr. wie er mehrfach und mit Nachdruck betonte und uns sogar auf einen Zettel schrieb) war dann auch mehr als ungehalten und irgendwie verstehe ich die Aufregung immer weniger. Eigentlich geht es jetzt doch nur mehr darum wer morgen den Installateur anruft. Oder? Rein rechtlich muss ich als Mieter nichts machen. Wenn dann muss mein Vermieter etwas unternehmen, aber auch das ist in diesem Fall nicht der Fall, weil der nämlich auch nur den Schaden melden muss – was wir ja schon gemacht haben. Zuständig wäre eigentlich die Bitch aus der Wohnung oberhalb…aus der es auf uns runter REGNET.
Aber wie dem auch sei….das war jetzt nicht der Ausklang, eines ansonsten recht entspannten und seit Wochen mal nicht total verplanten Tages, wie ich ihn mir vorgestellt habe. Schade eigentlich. Sowas ist doch echt unangenehm. Vor allem, weil sowas auch einfach echt nicht sein muss. Andi, mein Mitbewohner, jedenfalls meint wir machen morgen sicher nichts, außer nochmal die Hausverwaltung anzurufen und unseren Vermieter. Ich würde an der Stelle jetzt einfach gerne alles nur schnell erledigt haben, damit wir uns mit der Bitch von oben nicht noch weiter irgendwie verständigen müssen. Menno, ich bin doch nur mehr bis nächsten Sommer in diesem Haus! Ich will jetzt echt kein Drama. Der Rohrbruch und der damit zusammenhängende Wasserschaden ist nämich das Eine, Anastasias Dachschaden das Andere. Das wird sich nicht mit einem einfachen Anruf beim Klemptner beheben lassen…
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