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Diabetes ist nicht gleich Diabetes

Infografik Diabetes
Geschrieben von Phil Rückert

Diabetes mellitus ist eine der häufigsten Stoffwechselerkrankungen weltweit.

Dass es beim Diabetes verschiedene Formen gibt, gehört schon fast zur Allgemeinbildung. Aber welche Typen sind die häufigsten? Wie unterscheiden sich diese Formen eigentlich? Kann ich präventiv etwas dagegen tun und sind sie heilbar? Diesen und weiteren Fragen werden wir im folgenden Artikel auf den Grund gehen.

Beginnen wir mit den bekanntesten und häufigsten Formen Diabetes Typ 1 und  Typ 2

Diabetes Typ 1

Diabetes Typ 1 macht etwa 3 bis 5 % aller Fälle aus und tritt vor allem im Kindes- und Jugendalter auf. Früher wurde dieser Typ deshalb auch als jugendlicher oder juveniler Diabetes bezeichnet.

Bei Menschen mit Diabetes Typ 1 werden die insulinproduzierenden Betazellen in der Bauchspeicheldrüse (Pankreas) vom eigenen Immunsystem angegriffen und mit den Jahren so stark geschädigt, dass sie nur noch sehr wenig oder gar kein Insulin mehr freisetzen. Dadurch kann Glukose nicht mehr in die Körperzellen aufgenommen werden und der Blutzuckerspiegel steigt an.

Ein stark erhöhter Blutzuckerspiegel kann folgende Beschwerden verursachen: häufiges Wasserlassen, starkes Durstgefühl, Müdigkeit und Antriebsschwäche, Übelkeit, Schwindel. Ist der Blutzuckerspiegel sehr stark erhöht, kann es auch zu Bewusstseinsstörungen bis hin zur Bewusstlosigkeit (diabetisches Koma) kommen.

Da kein körpereigenes Insulin mehr produziert werden kann, muss Insulin von außen zugeführt werden, um den Blutzuckerspiegel zu regulieren. Die Höhe des Blutzuckerspiegels hängt dabei nicht nur davon ab, wie viel Insulin man spritzt, sondern auch davon, was man isst und trinkt und wie viel Energie man durch körperliche Bewegung verbraucht. Ebenso können die Tageszeit, Entzündungen, andere Medikamente oder hormonelle Veränderungen den Blutzucker beeinflussen. Das regelmäßige Messen des Blutzuckerspiegels ist eine unabdingbare Voraussetzung für eine erfolgreiche Therapie. Desweiteren sind ein ausreichendes Wissen über die eigene Erkrankung, ein gutes Selbstmanagement und eine verlässliche medizinische Versorgung notwendig.

Für das Entstehen eines Diabetes Typ 1 sind vermutlich erbliche Veranlagung, äußere Faktoren (z. B. bestimmte Virusinfektionen) und eine Fehlsteuerung des Immunsystems verantwortlich. Präventive Maßnahmen sind nicht möglich. Die genaue Entstehung des Typ 1 ist bis heute ungeklärt.

 

Diabetes Typ 2

Diabetes Typ 2 ist mit 90 bis 95 % der mit Abstand häufigste. Er tritt meist ab einem Alter von 45 Jahren auf und wird daher auch Altersdiabetes genannt. Allerdings leiden zunehmend auch jüngere Menschen am Typ 2. Grund dafür ist, dass immer mehr Menschen schon in jungen Jahren stark übergewichtig sind und sich nur wenig bewegen – beides gilt als die Hauptursache von Diabetes Typ 2.

Im Gegensatz zum Typ 1 liegt das Problem anfänglich nicht bei der Insulinproduktion, es ist in ausreichender Menge vorhanden. Jedoch sinkt die Empfindlichkeit der Körperzellen, sodass sie nicht ausreichend auf das vorhandene Insulin reagieren. Man spricht in diesem Fall von einer „Insulinresistenz“. Der Blutzuckerspiegel steigt, was zur Folge hat, dass die Bauchspeicheldrüse versucht, durch gesteigerte Insulinproduktion gegenzusteuern und dauerhaft auf Hochtouren läuft, bis sie erschöpft ist und der Insulinfluss nach und nach versiegt. Durch die langsam versiegende Insulinproduktion wiederum steigt der Blutzuckerspiegel an. Erhöhte Blutzuckerwerte verursachen anfangs keine äußerlich bemerkbaren Beschwerden. Im Körperinneren schädigen sie jedoch langfristig die Blutgefäße, Nerven und zahlreiche Organe. Die wichtigsten Folgekrankheiten sind Herzinfarkt, Schlaganfall, Nierenschwäche, Netzhautschäden und Nervenstörungen. Sie entwickeln sich meist schleichend über Jahre hinweg.

Zur Behandlung reichen zu Beginn meist Abnehmen, Sport und Tabletten aus. Erst wenn nach vielen Jahren Erkrankungsdauer die Insulinproduktion versiegt, müssen Patienten mit Diabetes Typ 2 Insulin spritzen.

 

Vergleich Typ 1 und Typ 2

Schaubild

Wisephants Infografik Diabetes Typ 1 und 2

Diabetes Typ 3

Der Diabetes Typ 3 umfasst alle Formen des Diabetes mellitus, die nicht in Typ 1 oder Typ 2 erfasst sind. Alle im Typ 3 zusammengefassten Sonderformen zusammen treten seltener auf als Diabetes Typ 1.

Folgende Typen gehören zum Typ 3:

  • Diabetes Typ 3a: verursacht durch Gendefekte in den Insulin-produzierenden Betazellen; auch MODY genannt
  • Diabetes Typ 3b: verursacht durch Gendefekte der Insulinwirkung
  • Diabetes Typ 3c: verursacht durch Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse (pankreopriver Diabetes)
  • Diabetes Typ 3d: verursacht durch Erkrankungen/Störungen des Hormonsystems
  • Diabetes Typ 3e: verursacht durch Chemikalien oder Medikamente
  • Diabetes Typ 3f: verursacht durch Viren
  • Diabetes Typ 3g: verursacht durch Autoimmunerkrankungen
  • Diabetes Typ 3h: verursacht durch genetische Syndrome

Weitere Infos zu diesen seltenen Erscheinungsformen findest du zum Beispiel hier.

Schwangerschaftsdiabetes (Typ 4)

Der Schwangerschaftsdiabetes (Gestationsdiabetes), manchmal als Diabetes Typ 4 bezeichnet, ist eine der häufigsten Begleiterkrankungen einer Schwangerschaft. Bei etwa 5 bis 10% der Schwangeren wird erstmalig in der Schwangerschaft auftretender Diabetes festgestellt. Leiden die Frauen bereits vor der Schwangerschaft an Diabetes, spricht man nicht von Schwangerschaftsdiabetes.

Grund für die Entstehung des Typ 4 sind Schwangerschaftshormone, die vor allem vermehrt in der zweiten Schwangerschaftshälfte ausgeschüttet werden. Sie wirken als Gegenspieler von Insulin und hemmen entsprechend die Insulinwirkung. In der Folge erhöht sich die Insulinausschüttung der Bauchspeicheldrüse bis auf das Vierfache, um dem gesteigerten Insulinbedarf gerecht zu werden. Bei manchen Schwangeren steigert sich die Produktion zu schwach, der Blutzuckerspiegel steigt an und Schwangerschaftsdiabetes bildet sich aus.

Leidet die Mutter unter Schwangerschaftsdiabetes, kommen die Kinder häufig mit einem erhöhten Geburtsgewicht zur Welt. Das bedeutet, dass die Kaiserschnittrate ansteigt, weil eine natürliche Geburt aufgrund Größe und Gewicht des Kindes nicht mehr möglich ist. Ein unbehandelter Schwangerschaftsdiabetes erhöht langfristig auch das Risiko für Typ 2 Diabetes für die Mutter. Zudem erhöht er das Risiko eines angeborenen Herzfehlers beim Kind und kann spätere Gewichtsprobleme mit sich bringen.

Unter anderen erhöhen folgende Faktoren das Risiko eines Schwangerschaftsdiabetes: Übergewicht, Bewegungsmangel, Diabetes in der Familie, frühere Schwangerschaft mit Gestationsdiabetes, wiederholte Fehlgeburten, höheres Alter, bestimmte Medikamente.

Der Glukosetoleranztest ist Teil der Vorsorgeuntersuchungen und wird routinemäßigen zum Erkennung eines Schwangerschaftsdiabetes zwischen der 24. und 28. Schwangerschaftswoche durchgeführt. Wird ein Schwangerschaftsdiabetes diagnostiziert, reicht bei den allermeisten Frauen eine Ernährungsumstellung und  körperliche Aktivität aus, um den Blutzuckerspiegel zu regulieren. Falls beides zusammen nicht ausreichend wirkt, sind Insulinspritzen nötig.

Über den Autor/die Autorin

Phil Rückert

Mein Name ist Phil und ich bin Medizinstudent aus Würzburg. Neben meinem Medizinstudium arbeite ich an meinem Startup Wisephants - Das Portal für Mediziner