„Ich hab Lust auf dich!“ lautete der Inhalt einer Whatsapp-Nachricht, die ich gestern von einer unbekannten Nummer bekam. Was für eine charmante Mail… Zum Glück sieht man bei dieser App ein Foto des Absenders. Da lächelte mich ein richtig heißer Typ an und es machte Klick. Der Geist der Vergangenheit. Ein Mann, den ich im letzten Jahr kennen lernte.
Ich fange mal bei Null an:
Eine meiner Freundinnen feierte ihren Geburtstag nach. Ich musste lange arbeiten und entschied später im Club nachzukommen. Es war Mitte Mai und wer sich erinnern kann, noch ziemlich frisch. Dennoch wählte ich meine nudefarbenen offenen Lack Peeptoes, eine Röhren Jeans und ein schwarzes hochgeschlossenes Top, das hinten transparent ist und einen Hohen Schlitz bis zum BH hatte. Eigentlich hatte ich ja gar keine Lust. Ich nahm ein Taxi für einen Weg von fünf Minuten. Der Taxifahrer sah mich nach dem Motto: „Dein Ernst?“ an. Ich deutete mit einem zuckersüßen Schulterzucken auf meine High Heels und er fuhr los.
Am Club angekommen, gab ich meine Jacke ab und suchte die Mädchen. Der Laden war relativ neu, klein und stets rappel voll. Ich liebe den Schuppen. Hier trifft man auf wirklich coole Menschen und die Atmosphäre ist der Hammer. Mitten auf der Tanzfläche habe ich sie dann entdeckt. Pah, die waren alle schon voll! Einige davon kannte ich nicht… Meine beste Freundin ließ einen Freudenschrei los, als sie mich sah. Ja, jetzt weiß der ganze Laden, dass ich hier bin. Zuerst sagte ich dem Geburtstagskind „Hallo“. Währenddessen hüpfte meine beste Freundin auf und ab und verschüttete dabei ihr halbes Glas Wodka Redbull auf meinen Schuhen. Guter Anfang!
Ich brauchte Alkohol, sofort!
An der Bar orderte ich bei dem süßen Barkeeper mit Fliege einen Wodka Cranberry – a) passt farblich besser zu meinem Outfit, b) schmeckt fruchtig frisch, c) man kann besser schlafen und d) ist durch die Cranberrys gut für die Blase. Nach zwei dieser Köstlichkeiten wurde es richtig spaßig. Wir wurden von einem der Privat-Tische zum Champagner eingeladen. Hört sich dekadent an, war es auch. Meine Freundinnen standen nicht auf das prickelnde teure Zeug. Gut, mehr für mich.
Zwischendurch sah ich auf mein Handy. Mr Perfect schrieb mir: „Ich stehe vor deiner Türe Schatz. Wo bist du?“ Grade wollte ich ansetzten um zu antworten, als meine beste Freundin mir das Telefon aus der Hand riss. Munter tippte sie irgendwas ein und gab es mir mit einem zufriedenen Lächeln zurück. Ich hasse solche Ich-als-deine-Freundin-muss-mal-durchgreifen-Aktionen. Auch wenn sie vielleicht nötig sind. „Sorry, aber ich bin mit meinen Mädels unterwegs!“ stand da bereits als gesendete Nachricht. Wütend funkelte ich sie an. „Wehe, du springst immer wenn er ruft!“, meckerte sie mit erhobenem Zeigefinger.
Aaahggggrrr! Fuck!
Ich hatte in meinem betrunkenem Kopf weder Lust auf Stress mit meiner Freundin, noch Mr Perfect zu erklären, dass die Nachricht nicht von mir war. Per SMS diskutierten wir hin und her. Aber sie hatte Recht. Ich konnte nicht einfach gehen, weil er um drei Uhr morgens vor meiner Tür stand. Abgefuckt steckte ich das Handy in meine hübsche schwarze Clutch mit dem feuerrotem Futter.
Als ich wieder aufsah, war ich wie vom Donner gerührt. Da stand ein Mann vor mir, der alles bisher gesehene übertraf. Damn!!! Ihr kennt doch sicher diese männlichen Models die zurzeit so im Trend sind. Dunkler Vollbart, langes zurück gekämmtes Haar, harte Gesichtszüge brauner Teint. Fuck! Sein schwarz schimmerndes Slim Fit Sakko betonte seine breiten Schultern und die schmale Taille. Das weiße einfache V-Neck-Shirt legte die oberen Platten seiner starken Brustmuskulatur frei. Fuck! Die helle zerrissene weite Jeans gab den perfekten Bruch zum schicken Sakko. Er verstand Mode! Fuck! Und dann dieses hinreißende Lächeln, aus geraden, weißen glänzenden Zähnen, die hinter dem dunklen Bart quasi zu blinken schienen.
Ein Mädchen aus unserer Gruppe, dessen Namen ich schon wieder vergessen habe, bemerkte mein Starren. Nun ja, Unauffälligkeit war noch nie meine Stärke, besonders nicht wenn ich betrunken bin. „Den kenn´ ich!“, lächelte sie diabolisch. Was? „Mit dem hab ich mein Abi gemacht…“, erzählte sie. Ich nickte ihr erwartungsvoll zu, damit sie schnell weiter erzählen konnte. „Der Typ studiert jetzt Psychologie und ist voll arrogant!“ Gut, so wie der aussieht, kein Wunder. „Er hat überall Tattoos!“, fuhr sie verständnislos fort. Fuck! Ich musste ihn haben. Meine Augen sind bei ihrer Aussage wahrscheinlich sehr groß geworden. „Du stehst ja richtig auf ihn!“ Ding, ding, ding! Der Kandidat hat 100 Punkte!
Wenn dann Sex
Ich drehte mich nur kurz zu meiner Besten und wieder zurück und sah die kleine Schlampe dann bei dem Model-Typ! Na geil! Ein Wodka Cranberry bitte! Dämlich grinsend kam sie zurück zu mir. „Also, ich hab ihn auf dich angequatscht!“, strahlte sie bescheuert. Schrecklich, ich brauche keine Wingwoman! „Wenn dann Sex!“, meinte sie. Wow, hätte ich der prüden Kleinen gar nicht zugetraut! Weniger Arbeit für mich und vor allem Sicherheit! Ich grinste blöd und fragte mich wie ich es am besten mega cool schaffe, diesen Kerl jetzt mitzunehmen.
„Die Mädels wollten gehen!“, unterbrach meine Beste mich beim Starren und Nachdenken.
„Gib mir eine Minute!“, forderte ich. Mein Glas exte ich weg, nahm mein Handy und stolzierte zum Model-Mann an die Bar. Um uns herum nahm ich niemanden mehr wahr. Ich hielt ihm mein Telefon mit ausgewähltem Tastenfeld vor die Nase. Er sah mich verwirrt an und schmunzelte. „Sagst du nicht mal Hallo?“, fragte er mit seiner sexy tiefen Stimme. Dabei kam er so nah, dass ich seinen männlichen Duft einatmen konnte. „Sorry, ich hab keine Zeit, meine Freunde wollen weg!“, dabei deutete ich auf die Meute hinter mir, die alle samt dumm aus der Wäsche schauten. Er gehorchte, tippte seine Nummer ein und rief sich an. „Bis später“, hauchte er. YES!
One-Night-Stand
Zuhause ankommen hüpfte ich im Wettlauf mit der Zeit schnell unter die Dusche. Dann schrieb ich ihm meine Adresse. 15 Minuten später klingelte es. Ich war so aufgeregt… Einen One-Night-Stand hatte ich lang nicht mehr. Ich setzte mich in mein Bett, bereit für alles. Aber der Herr wollte lieber ein wenig quasseln. Er legte sich zu mir und erzählte über seinen Job, dieses und jenes. Shit, er ist ja Psychologe fiel mir ein. Analysiert er jetzt jeden Satz, jede Bewegung die ich mache? Mann! Er hätte direkt los legen sollen!
„Wie alt bist du eigentlich?“ Hach, eine Frage die man einer Lady nicht stellt! „Ich bin 24.“, meinte er dann. Mein Gesicht muss Bände gesprochen haben. Scheiße. Fünf Jahre Unterschied. Der Bart war seine Tarnung. Noch geschockt von dieser Nachricht, kam schon der nächste Knaller. Und genau deshalb reiße ich lieber selber auf.
Wie aus dem nichts und mitten im Smalltalk-Gesäusel kam diese Frage: „Willst du jetzt meinen Schwanz sehen?“ Ich sah ihn blitzschnell an und fing an zu lachen. Er blieb tot ernst. Ich lachte wieder. Sorry, aber was ist das bitte für eine Frage? Dann nickte ich.
Tsss, kleine Jungs…
Wir knutschten und das konnte er schon nicht wirklich gut. Ich zog ihn aus. Der verflucht heiße Körper machte es wieder gut! Ich suchte förmlich seinen ganzen Körper nach Tattoos ab und betrachtete sie. Das Vorspiel war irgendwie nichts… Seine Skills waren auch nicht sonderlich gut. Es brachte mir nichts, wie er meine Brüste massierte oder sich meiner Perle widmete. Wobei ich bin mir nicht mal sicher, ob er wusste wo genau sie sich befand. Auch wenn man oft auf den Knopf drückt, heißt es nicht, dass der Fahrstuhl schneller kommt. Da halfen auch keine motivierenden Anweisungen von meiner Seite. Es schien als fuhr er seine eigene Ego-Sex Tour. Liegt am Alter.
Ich war diesmal diejenige, die das Kondom aus der Schublade zauberte und es ihm reichte. Er zog es über. Ich legte mich hin. Er hatte wirklich einen ziemlich großen Penis und ich musste mich beim Eindringen konzentrieren und ruhig atmen. Als er drin war hob ich mein Becken an. Schob ihn am Hintern mit beiden Händen in Position und gab den Rhythmus vor. Nach ein paar harten Stößen, begann ich zu stöhnen. Sein Ohr war direkt neben meinem Mund. Ich hielt seinen Kopf. Wir kamen in Fahrt, bis, ja bis er aufhörte. Hä? „Ja, das kann manchmal passieren…“, meinte er entspannt und zog ihn nebenbei wieder aus mir raus.
One minute man
Dann verschwand er ins Bad. Auf einmal hörte ich etwas:
Ohh, ohh, uhh, OOOH! Was war das? Eine Melodie ertönte, die ich genau kannte.
Ich drehte mich zur Seite. Da lag Missy Elliott neben mir im Bett und grinste mich an:
„Boy I`ma make you love me, make you want me…
And I`ma give you some attention, tonight“.
Sogar Missy verspottete mich! Ich schlug verzweifelt die Hände in mein Gesicht.
„Break me off, show me what you got
Cause I don`t want, no one minute man!“
Die Melodie hatte ich noch im Ohr… Eindeutig zu viel getrunken!
Die Badezimmer-Türe quietschte. Er kam zurück… „Du willst jetzt sicher, dass ich bei dir schlafe oder?“, fragte er erwartungsvoll. Ihr wisst ja wie ich dazu stehe. Ich öffnete grade den Mund um ihm eine passende Antwort zu geben, als: „Ich schlafe lieber in meinem Bett!“ Was für ein Idiot! Auf Wiedersehen!
Wäre ich bloß gegangen als Mr Perfect wie ein Paket von DHL bereit vor meiner Haustür stand. Stattdessen ließ ich ihn gehen und traf auf den One-Minute-Man.
Auf dem Whatsapp-Foto sieht er noch besser aus als vorher. Na, was sagt ihr? Bekommt er eine zweite Chance?
Vielleicht werden aus 60 Sekunden diesmal ganze 120?!
Cheers!