Ist Pokémon Go die größte Errungenschaft der Menschheit?

Geschrieben von Jann Wattjes

Objektiv ja. Elektrizität, Luft- und Raumfahrt sowie Zuchtkaninchen mögen auf dem Weg zu dieser Erfindung relevant und hilfreich gewesen sein, aber mit seinem Smartphone durch die Welt latschen und dabei Pokémon fangen zu können, ist die Vollendung menschlichen Fortschritts. Abermillionen Junggebliebene zieht es wieder aus ihren WG-Zimmer, um als PokéMongos die Straßen – im wahrsten Sinne des Wortes – unsicher zu machen. Da Pokémon Go noch nicht in Deutschland erhältlich ist, Jann Wattjes nur ein S3 Mini (Girlie Edition) besitzt und nicht vorstellbar ist, dass dieser sich durch die unseriösest möglichen YouTube-Tutorials und illegalsten polnischen Websites gekämpft hat, nur um den Appklatsch eines 90er Jahre Gameboyspiels herunterladen zu können, ist folgender Text natürlich vollends fiktiv.

Es ist ein ganz gewöhnlicher Tag. In meinem Schlafzimmer liegt ein Relaxo und bei meinem Lieblingsitaliener wurde ich von einem riesigen Rattikarl unterbrochen. Pokémon Go installiert noch. Ich bin auf irgendeiner dieser Konferenzen, die ich in meinem nebulösen Beruf ertragen muss und kann nicht anders, als immer wieder hektisch auf mein Smartphone zu schauen und jeden Prozent Download wie ein Tor meiner Mannschaft zu feiern. Das EM-Finale war ja auch nur wegen der ganzen Omots interessant. Nur noch 95%. Dann bin ich wieder 7 Jahre alt, skippe über sämtliche Erklärungen eines „Pokémonprofessors“ (an der Fernuni Darmstadt kann man echt für jeden Scheiß Diplome bekommen) hinweg und stehe vor der größten religiösen Frage der Menschheitshistorie. Bisasam, Glumanda oder Schiggy? Ich bin in der Thematik selbstverständlich unbefangen, aber wer sich ernsthaft für eine vergammelte Kröte, der nach und nach eine Blume aus dem Rücken wächst oder eine rotzende Schildkröte, die am Ende als imbalancierter Tim Wiese mit zwei Super Soaker-Panzerfäusten fungiert, entscheidet, kann seine Menschenwürde auch direkt auf Shpock verhökern. Meine Kollegen heben die Hände. Ich warte die Gegenfrage ab und hebe dann meine. Ich glaube, ich habe soeben dafür gestimmt, dass Curse bald wieder im Fernsehen zu sehen ist, aber das zählt jetzt alles nicht. Pokémon Go braucht nur noch 70% und wenn es in etwa meiner Vorstellung entspricht, werde ich sowieso alle meine Jobs ruhen lassen müssen…

Wäre ich nicht in den absoluten EDGE-Regionen Deutschlands beheimatet, wäre „JannWattjesFan“ bestimmt schon längst „der Allerbeste“ oder zumindest Arenaleiter vom alten Straßenbahndepot. Wer auch immer hier in Paderborn die Pokéstops aussuchen musste, tut mir Leid, sofern er nicht schon seinen Depressionen erlegen ist. Denn alles, was sich hier zu eignen scheint, sind vergangene sakrale Gebäude und bemalte Verteilerkästen. Ich würde ja im Internet nachsehen, wer für sowas zuständig war, aber ich habe leider gerade erst wieder Rauch gesetzt. Wer denkt, hier würde etwas starten wie Quizduell oder immerhin Facebook irrt fatal. Pokémon Go gewinnt gerade die komplette Smartphone-Industrie. Die Entwicklung von selbstfahrenden Autos wird nur vorangetrieben werden, damit man beim Autofahren (im Schritttempo, weil die App die Kilometer sonst nicht zählt) noch immer Pokéstops abgreifen kann. Zukünftige Singlebörsen werden sich nach der Frage Team Gelb, Blau oder Rot richten müssen. Und „da ist ein seltenes Pokémon im Bad“ könnte für Pubertiere die neue „ich dusch nur schnell 45 Minuten“-Ausrede werden.

Pokémon Go ist mehr als das neue Angry Birds. Pokémon Go ist der neue Jesus. Und je eher man sich damit abfindet, desto weniger Skrupel wird man damit haben, diese nicht mehr auf den Straßenverkehr achtenden Pokémonmeister einfach zu überfahren.

Lang lebe Team Blau.

Anmerkung der Redaktion:
Der Central-Park in NY ist schon hoffnungslos verloren:

Bildrechte:
https://twitter.com/boykreepon/status/750620986253324288

 

Über den Autor/die Autorin

Jann Wattjes

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