Studentenbeiträge

Narzisst mit Erektionsstörungen – Teil 1

Narzisst mit Erektionsstörung - Teil 1
Geschrieben von payday

Ein letztes Mal befasse ich mich jetzt mit dieser Geschichte, um sie euch zu erzählen. Dann wird dieser Fall für immer zu den EX-Akten gelegt. In meinem Hirn ganz weit hinten auf dem Fuckboy Friedhof vergraben und vergessen. Und wenn er sich – sobald die für ihn angemessene Zeit des Nichtmeldens verstrichen ist – wie ein Zombie aus der Erde wühlt, auf der Suche nach meinem frisch geflickten Herzen, wieder auftaucht, so hacke ich ihm ein für alle mal den Kopf ab.

Auch wenn es den Anschein erwecken mag, ich wäre noch im Prozess des Drüberwegkommens – nein, ich habe alle Phasen des Sitzengelassenwerdens im Zeitraffer abgespult. Kenne ich den ganzen Scheiß doch schon zu gut. Trauer, Wut, Trauer, Hass, Selbsthass, Trauer, Selbstmitleid, Rückfallgefahr, Stolz, Optimismus, Wut und letztendlich das Ende der Gefühlsmetamorphose: Gleichgültigkeit. Nichts verletzt einen mehr, als Gleichgültigkeit. Und für eine ganz bestimmte Art von Menschen wirkt dieser gefühllose Zustand ihnen gegenüber wie Krypton auf Superman.

Schlicht: es zerstört sie.

Es gibt ein Wort für sie: Narzisst

Für alle die nicht wissen, wo der Begriff Narzisst herkommt, hier eine kleine Unterrichtsstunde:

Der Begriff „Narzissmus“ findet seinen Ursprung in der griechischen Mythologie. Es geht um die Geschichte des Jünglings, namens Narziss, der die Liebe einer Frau verschmäht und dafür mit unstillbarer Selbstliebe bestraft wird. So verliebt er sich in sein eigenes Spiegelbild, welches er im Wasser einer Quelle sieht und ertrinkt schließlich tragisch darin, das Objekt seiner Liebe nicht erreichen zu können. Im Tod verwandelt er sich dann in eine schöne Blume, die Narzisse.

Das Wort an sich wird heute viel zu inflationär verwendet. Der Ausdruck Narzissmus steht alltagspsychologisch und umgangssprachlich im weitesten Sinne für die Selbstverliebtheit eines Menschen, der sich für wichtiger und wertvoller einschätzt, als alle anderen. Der Duden übersetzt den Begriff als Ichbezogenheit.

Einem Mann dieser Spezies bin ich in diesem Sommer begegnet. Ich, ich, ich! Dabei geht es in meinem Fall um mehr als den klassischen Egoismus. Es geht um krankhafte Anerkennung.

Aber ganz von vorne

Ihr erinnert euch sicher an die Mingle Story (<– falls nicht, hier könnt ihr sie nachlesen). Jedenfalls wollte ich nach dem Sturz vom Pferd, schnell wieder aufspringen. Also meldete ich mich bei der Bums-App aller Bums-Apps an und versorgte meine Matches mit Nachrichten, wie damals mein Tamagotchi mit Streicheleinheiten. Freute mich über Komplimente et cetera, et cetera. Hätte ich gewusst, dass da ein noch viel größerer Arschtritt auf mich wartet, so hätte ich mir das alles geklemmt. Vom Regen in die Traufe. Manchmal, da, frage ich mich, wann man wirklich aus seinen Fehlern lernt. Wie oft man sich noch an der heißen Herdplatte verbrennen muss, bis man es endlich schnallt.

Als wir matchten, befand er sich wegen einer schweren OP im Krankenhaus. Schon war mein Mitleid geweckt. Mein verfluchter Mutter Teresa Komplex bricht mir noch eines Tages das Genick! Anfangs war es nur nettes Geplänkel, bis er entlassen wurde und sich so schnell wie möglich treffen wollte. Zu dem Zeitpunkt steckte ich gerade in den Prüfungen und hatte den Arsch voll Arbeit.

And to be honest:

Fuck, ich wollte mich nicht treffen

Da habt ihr es, die leise Vorahnung. Aber sein Drängen auf ein Treffen wurde immer stärker. Ständig nannte er mich Feigling. Die Situation wurde unangenehm, so wie wenn man sich nur etwas beugt, um es jemand anderem zu beweisen und nicht sich selbst. Und daraus entstand unser erstes Date. Dieses Gefühl zog sich, ohne das ich es bemerkte, bis zum Ende unserer Beziehung, die postfaktisch, einfach keine war.

Anfangs war er sehr aufmerksam, brachte mir Cupcakes mit als ich krank war, räumte meine Wohnung auf, wenn ich morgens das Haus als erste verließ und fragte nach den Geschehnissen in der Uni und auf der Arbeit. Einmal kam er sogar in meiner Mittagspause mit einem Picknick zur mir, was wirklich unfassbar süß und romantisch war. All diese wirklich netten Gesten sollten sich allerdings an einer Hand abzählen lassen, denn sie waren nur kleine Etappen, auf dem Weg dahin, mich langsam mürbe zu machen. Meinen einst sonst so starken Willen auszuhebeln.

Was ich nicht wusste:

Ich war nicht verliebt, ich war emotional abhängig.

Je besser ich ihn in kennenlernte, desto mehr Mitleid bekam ich mit ihm und seiner Situation. Seine Eltern trennten sich früh, seine Mutter wollte ihre Jugend nachholen und bumste im Zimmer nebenan irgendwelche Typen, so dass er dann bei seinem Vater aufwuchs. Die kleine Narzisse wurde gegossen und bekam alles was sie wollte. Das Pflänzchen lernte früh, aus den Schuldgefühlen anderer Kapital für sich heraus zu schlagen und so wurde genau das zu seiner Masche. Als sein Vater starb, konnte er noch Jahre später seinen Tod nicht überwinden. Wenn er weinend bei Youtube emotionale Lieder hörte und Flasche für Flasche Wein in sich kippte, tröstete ich ihn und mein Mitleid stieg ins Unermessliche.

Denn das Mitleid anderer, war das, was ihn aufrecht hielt. Das wovon er lebte. Mir fallen dazu abertausende von Metaphern ein. Aber die treffendste ist, wie ich finde, die des Parasiten und des Wirts. Tinder war der Wald und ich unter den zahlreichen Tieren der passende Wirt. Die Zecke roch meine derzeitige Unsicherheit und machte sie sich zu Vorteil. Sie biss sich fest, und ehe ich mich versah, war ich wie ferngesteuert. Sie saugte nicht nur an meinen Gefühlen, sondern auch bald an meiner Kraft, meinem Selbstbewusstsein. An allem. Sie ernährte sich davon, um selbst stärker zu werden.

Die anfängliche Stärke, welche ich in ihm sah, gewonnen durch all die Schicksalsschläge, gab es letztlich überhaupt nicht. Denn er hatte Nichts: keine Freunde (bis auf seinen letzten übrig gebliebenen, wobei ich mich frage, wie lange der das noch mit macht), keine Wohnung, keinen Job. Nichts. Außer sich und sein Selbstmitleid. Sich und seinen störrigen Penis. Aber nicht mal den hatte er unter Kontrolle.

Der Sex mit ihm

Sex mit ihm glich einer Farce. Denn er bekam keinen hoch und wenn es denn mal der Fall war, so hielt das nicht für lange. Spitz und gierig fasste ich in seinen Schritt. Wo vor in paar Sekunden noch ein steifer Schwanz pulsierte, begrüßt mich so etwas wie ein traurig drein blickender Nacktmull. Oder mitten drin, wenn ich so richtig in Fahrt war, spürte ich nichts mehr und sein weiches Glied plumpste aus mir raus wie ein totes Stück Fleisch.

Danach kam ich mir stets vor, als würde ich nur aus Teilen bestehen. Klaubte mich Stück für Stück zusammen, Titte, Titte, Arsch, Pussy. Es frustrierte mich, allerdings nicht so sehr wie ihn – meinte ich. Da war es wieder, das Mitleid. Und so arbeitete ich mir den Arsch ab, aus dem schlaffen Würstchen wieder einen Ständer zu zaubern. Lutschte manchmal sogar mehr als eine halbe Stunde daran, nur um ihm sein Orgsamus-Erfolgserlebnis zu verschaffen. Dass ich dabei leer ausging, brauche ich wohl nicht zu erwähnen.

Ich habe die Erektionsstörung nie auf mich bezogen

Wieso auch? Bis ich es begriff: Sein Penis war der Spiegel seiner selbst. Ängste, Versagen, Unsicherheit, Verzweiflung, all das entlädt sich in diesem kleinen Stück Fleisch. Welch große Last auf den Schultern eines Schwanzes liegen kann… Sein Penis war es, der ihn und sein ganzes verdammtes Leben mit all seinen Enttäuschungen darstellte. Denn er selbst ist das arme Würstchen, welches im wahrsten Sinne des Wortes nichts Stand hält. Seine Panik frisst sich von seinem Hirn in seinen Schwanz und entlädt sich dort, beziehungsweise eben nicht.

Kein Wunder, dass er so besessen von ihm war. So eine Art von Penis-Fixierung ist mir in meinem Leben noch nicht untergekommen. Wie er aussah, wenn er steif war, wie er performte, wenn er denn mal performte oder wie lange er diesmal doch standhielt. Darum brauchte der Kleine auch ein besonderes Schmuckstück um groß auszusehen: einen Penisring. Tja, man sollte die Macht von Accessoires nie unterschätzen.

Es war für mich nicht das erste Mal mit Penisring. Aber seiner war irgendwie ekelhaft. Eisern, leicht angelaufen, kalt. Meine größte Angst waren die Bakterien, die sich darauf tummelten, denn ich sah nicht ein Mal, wie er das Ding säuberte. Beim Sex dachte ich darüber nach, wie viele andere Pussys ich nun indirekt mit meiner berührte, ihre DNA bei jedem Stoß in mich aufnahm. „Wie gefällt er dir besser? Mit oder ohne?“, fragte er ständig. Darauf wusste ich keine Antwort. Nur, dass mich das Ding anwiderte. Umso mehr freute ich mich, dass er ihn beim Aufräumen versehentlich wegwarf.

Ein neuer musste also her

Nachdem er, weil er „krank“ war, den ganzen Tag auf meiner Couch verbracht hatte, während ich arbeiten war und meine Wohnung aussah wie sau, rappelte er sich in seiner großen Not auf und fuhr schnurstracks zu Beate Uhse. Der neue Ring saß allerdings nicht so wie er wollte. Verdammt aber auch! Dem Kleinen nur das Beste. Also ging er am nächsten Tag in den Baumarkt, um – jetzt haltet euch fest – einen Gardinenring aus Plastik zu kaufen. Genau, an der Zahl einen. EINEN! Die Dinger kauft man normalerweise im Dutzend, aber nicht er, nicht der Herr der Ringe! Damit wurde sein Pimmel wieder schön adrig und fest, so wie er es mochte. Jedenfalls für ein Zeitfenster.

Parasiten können Monate, wenn nicht sogar Jahre oder ein Leben lang, unbemerkt an ihrem Wirt festhängen. Es kommt immer auf die Art an. Handelt es sich um ein miteinander oder bloß um ein temporäres vollsaugen? Die Frage erübrigt sich, wenn man sich zurück besinnt, über wen ich hier gerade spreche. Natürlich will der Narzisst nur seinen Vorteil aus der ganzen Sache ziehen. Und so verlieh meine Power ihm und seinem Zauberstab die Macht, die er brauchte. Ginge es hier um körperliche Beschwerden, wäre ich einfach zum Arzt gegangen und der Schädling wäre entfernt worden. In dem Fall musste ich wie in Franz Kafkas „Die Verwandlung“ selbst begreifen, dass diese Kreatur da nicht mein Freund war…

Cheers!

Teil 2 jetzt lesen!

Bild: Wikipedia 

Über den Autor/die Autorin

payday

Im Leben einer Frau gibt es viele Ereignisse die sie prägen. Nicht jene die man sich jetzt vorstellen mag wie den perfekten Mann zu treffen oder im Job befördert zu werden. Ich meine diese bei denen sich Frau schwört: nie wieder! Oder: bitte immer weiter!!! Ich rede über sexuelle Katastrophen und Highlights.