Der Traum vom Nikolaus.
Heute Nacht habe ich geträumt, schwer geträumt. Ein Alptraum aus Kindheitstagen holte mich wieder ein. Genauso real und angsteinflößend wie er all die Jahre meiner Kindheit war.
Ich sitze mit meiner Familie auf der grünen Eckcouch meiner Eltern. Mein Vater links von mir, rechts von mir meine jüngere Schwester und daneben unsere Mutter. So warten wir wie jedes Jahr auf den Heiligen Nikolaus. Meine Mutter hat ein Buch in der Hand und liest uns eine Geschichte vor, um die Wartezeit zu verkürzen. Eine schöne, fröhliche Geschichte, wir Kinder sollten nie Angst vor dem Nikolaus haben.
Und irgendwann klopft es an der Tür,
mein Vater steht auf und bittet den Heiligen Nikolaus herein. Eindrucksvoll steht er da, mit seinem Bischofsstab, der Mitra und dem allwissenden goldenen Buch, in das die Englein all unsere Schandtaten und lobenswerten Begebenheiten schrieben.
Und genau an dieser Stelle begann der jedes Jahr wiederkehrende Traum, sich von der Realität abzuwenden und zum Alptraum zu mutieren.
Der Nikolaus schlägt also sein goldenes Buch auf, stutzt kurz, schüttelt resigniert den Kopf und ohne ein Wort zu sagen geht er auf mich zu, stülpt mir den großen, brauen Jutesack über, steckt mich ganz hinein und bindet den Sack zu. Ich bin starr vor Schreck und kann nicht begreifen, was hier vor sich geht. Meine Eltern sitzen reglos daneben und schauen nur zu. Ich bin entsetzt darüber, dass sie nicht einmal den Versuch unternehmen, mir zu helfen. Sie lassen es einfach zu, wie mich dieser große, fremde Mann in den Jutesack verpackt und wortlos auf seine Schultern hievt.
Das goldene Buch und meine Schwester scheint er vergessen zu haben. Mit stoischer Ruhe verabschiedet er sich mit dem selben Verslein wie alle Jahre und verlässt samt mir im Jutesack das Wohnzimmer. Ich höre, wie mein Vater den Nikolaus zur Tür begleitet und ihn verabschiedet, als wäre nichts passiert. Immer noch völlig regungslos merke ich, wie mich der Nikolaus auf seinen Schlitten legt. Ich spüre, wie ich zwischen den Körpern weiterer Kinder abgelegt werde. Keiner sagt ein Wort…
So träumte ich diesen Traum vom Nikolaus viele Jahre lang
und wagte es nie, jemandem davon zu erzählen. Gaben sich doch meine Eltern redlich Mühe, uns den Nikolaus als guten, kinderlieben Heiligen zu erklären, der bei uns nicht einmal einen Krampus als bösen Begleiter dabei hatte. Der Traum ging damals noch weiter und er wurde nicht angenehmer. Letzte Nacht jedoch änderte sich der bekannte Ablauf an dieser Stelle.
Ich werde also auf den Schlitten gelegt und spüre andere Körper dicht neben mir. Wie wie es sind kann ich nicht sagen, aber es ist ziemlich eng auf dem Schlitten und ich bemerke, dass ich gar kein Kind mehr bin, sondern eine erwachsene Frau. Und auch in den Säcken neben mir scheinen sich lauter Erwachsene zu befinden. Ich verstehe die Welt nicht mehr. Und zum ersten Mal spricht mich eine Stimme aus dem Jutesack hinter mir an: „Na, auch ein böses Mädchen gewesen?“ Ich erschrecke zutiefst und wage es nicht, dem Mann zu antworten. Der Jutesack vor mir stupst mich an und eine Frauenstimme fragt neugierig: „Wovor hast du denn Angst? Wir sind doch alle aus dem selben Grund da?“ Ich überlege angestrengt. Welcher Grund könnte das sein? Was wissen die, was ich nicht weiß? Die Frau spricht weiter: „Jetzt tu doch nicht so unschuldig! In unseren Kreisen hat sich doch schon längst herumgesprochen, was die heutige Nacht bedeutet. Wir waren doch nicht umsonst böse Mädchen.“
Quelle: Giphy
Aha. In unseren Kreisen.
Zu diesen Kreisen gehöre ich augenscheinlich nicht. Der Mann hinter mir meldet sich wieder zu Wort: „Sag mal, hast du wirklich keine Ahnung, was hier vor sich geht?“ Endlich bekomme ich den Mund auf und flüstere: „Nein, ich habe Angst.“ Ein paar Andere haben unser Gespräch mitbekommen. einige beginnen zu kichern und ich werde noch unsicherer. Ich höre mehrere Menschen tuscheln. Männer und Frauen. Sie scheinen alle keine Angst zu haben.
Ich kann Nichts wirklich verstehen, aber es fallen frivole Ausdrücke und anzügliche Bemerkungen. Eine freundliche Stimme an meinem Kopfende versucht mich zu beruhigen. Ich bräuchte keine Angst zu haben, wir würden jetzt zu Ihm fahren und eine Nacht lang Aufregendes erleben. „Und morgen früh ist alles beim Alten“, ergänzt eine weitere Stimme. Eine Frauenstimme, sie liegt offensichtlich etwas weiter Vorne, ruft relativ laut: „Wir fahren in sein Schloss, und dann lässt er die Katzen aus dem Sack!“ Ein Mann lacht und erwidert:
„Knüppel aus dem Sack trifft’s wohl eher.“
Die Stimmung wird immer ausgelassener und mir wird immer klarer, worauf das heute hinauslaufen wird. „Ich glaube, du hast verstanden, worum es hier geht,“ flüstert der Mann hinter mir und drückt seinen Körper noch näher an mich. Es fühlt sich gut an, aufregend und verboten. „Bin schon gespannt darauf, wie du aussiehst. Und dann wollen wir mal sehen, ob du wirklich so unschuldig bist, wie du dich hier gibst…“
Meine Angst bleibt noch, ich verabscheue unkontrollierbare Situationen zutiefst. Aber neben der Angst durchdringt mich immer mehr gespannte Erwartung. War ich wirklich ein böses Mädchen? Böse Mädchen müssen bestraft werden, das ist klar. Fantasien in diese Richtung sind mir durchaus vertraut, reelle Erfahrungen habe ich keine. Sollte sich das heute Nacht ändern? Ich wäre bereit dafür… Ganz in Gedanken versunken bemerke ich nicht, wie der Schlitten anhält und der Nikolaus absteigt. „Alle Ruhe!“ befiehlt er streng. „Wir sind angekommen. Die Männer lasse ich einen nach dem anderen hier aus den Säcken, ihr könnt selber zum Haus laufen. Die Frauen trage ich eigenhändig fest verpackt ins Haus.
Wer im Haus abgelegt wurde zieht sich im Sack nackt aus,
wir werden euch dann nacheinander auspacken, im Kreuzverhör nach den jeweiligen Vorlieben befragen und entsprechend verteilen. Ich erwarte ehrliche Antworten und absoluten Gehorsam.“ Ok, das waren deutliche Worte. Ich hielt also ganz still in meinem Jutesack und wartete. Neben mir kommt Bewegung in die Körper und bald darauf umschließen mich zwei kräftige Arme, die mich eng zu sich heranziehen. Jetzt war es also soweit, ich würde ins Haus getragen werden und mich in meinem Jutesack nackt ausziehen. Die Angst war nahezu verflogen, erregte Anspannung beherrschte mich. Ich wartete, und wartete,
und wartete. Ich lag nach wie vor in zwei starken Armen, die jedoch keinerlei Anstalten machten, mich hochzuheben. Langsam kehrte ich in die Realität zurück. Mein Freund lag dicht neben mir im Bett und hielt mich eng umschlungen. „Guten Morgen, mein Schatz,“ hauchte er mir ins Ohr. „Hast du schön geträumt?“ – Ob ich ihm wohl von meinem Traum erzählen soll?
Und welche Träume hast du so die du gerne mit anderen teilen möchtest? 😉 Lass´sie uns wissen und schreib uns!
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