Studentenbeiträge

Eine Ode an die Nostalgie

Nostalgie: 3 Polaroids auf einem Holztisch zeigen schöne Momente mit Freunden
Geschrieben von Joey

Nach der allgemeinen Definition von Nostalgie kannst du ihr auf den ersten Blick wenig Positives abgewinnen:

Nos·t·al·gi̱e̱
Substantiv [die]

eine Stimmung, in der man sich nach vergangenen Zeiten und den Produkten und Lebensweisen aus diesen Zeiten sehnt

Wer gedanklich immer in der Vergangenheit verweilt und dem bereits Geschehenen nachhängt, der verpasst das Leben, in dem er jetzt gerade steht. Wer sich ausschließlich nach alten Zeiten sehnt, diese idealisiert und als ständigen Vergleich für die Gegenwart (miss)braucht, wird nicht glücklich sein. Soviel ist klar. Dennoch kannst du die Wehmut nutzen, um dein Leben lebenswerter zu machen!

Nostalgie resultiert aus Einsamkeit

Nostalgie: Person ist alleine bei Regen mit einem Regenschirm in der nächtlichen Stadt unterwegs

Du streifst in den Semesterferien durch die scheinbar ausgestorbene Stadt. Es ist dunkel und trüb, der Herbst hat den Sommer endgültig abgelöst. All deine Freunde und Bekannten sind über die Ferien entweder nach Hause oder in den Urlaub gefahren – nur du bist geblieben und fragst dich mittlerweile, was du dir dabei gedacht hast. Ziellos läufst du umher und weißt nicht so recht, was du mit dir anfangen sollst. Plötzlich bemerkst du, dass du ganz unbewusst euren Lieblings-Club angesteuert hast. Er hat geschlossen und sieht bei Tag etwa so trostlos aus wie du wahrscheinlich gerade – wie du hier jetzt stehst. Alleine. Im leichten Nieselregen. Es könnte genauso gut eine verdammt traurige Szene aus einem verdammt traurigen Film sein.

Du fühlst dich einsam. Da schießt es dir auf einmal in den Kopf. Vor drei Wochen hast du mit deinen besten Freunden hier das Ende der Prüfungsphase gefeiert. Es war euch egal, ob ihr die Klausuren und Hausarbeiten bestanden habt – Hauptsache es war vorbei! Die Anspannung der letzten stressigen Wochen ist von euch abgefallen und ihr wart einfach ausgelassen und glücklich. Mit ein bisschen Alkohol habt ihr diese Euphorie bewusst verstärkt, bis sie euch komplett ausgefüllt hat. Ihr habt getanzt, als würde euch keiner zuschauen; habt gelacht, bis euch der Bauch weh tat und euch eurer wieder gewonnen Freiheit erfreut.

Nostalgie beflügelt

Nostalgie: Junger Mann mit einer Kamera in der Hand springt von einem Waggon auf einen anderen

Auf einmal spürst du all die Gefühle dieses Abends wieder in dir aufblühen! Du weißt, ihr werdet noch viele solcher Momente erleben, denn du stehst ja noch relativ am Anfang deines Studiums. Du weißt, deine Freunde haben dich nicht verlassen – sie werden bald wieder da sein! Du fühlst dich ihnen plötzlich so nah, als wären sie bei dir. Als würden sie jetzt hier mit dir vor dem leeren Club stehen und die gleichen Gedanken und Gefühle haben wie du.

Du weißt, dass auch ihnen die Zeit vor ein paar Wochen im Gedächtnis geblieben ist – als wertvolle Erinnerung. Vielleicht denken sie ja auch gerade daran zurück – wie lustig wäre das! Du fühlst dich beflügelt. Es ist doch gar nicht so schlecht, die Stadt einmal für sich zu haben! Du verspürst die Lust, dir deine eigenen Momente zu schaffen, an die du dich dann später leicht wehmütig zurück erinnern kannst. Du könntest deine Kamera auspacken und auf Fototour gehen. Das hattest du schon lange vor.

Dass positive Effekte wie Euphorie oder Glück durch Nostalgie ausgelöst werden, bestätigt die Studie von Wildschut, Sedikides, Arndt und Routledge (2008). Sie arrangierten mehrere empirische Experimente, in denen Studenten emotionale Momente aus ihrer Vergangenheit aufschreiben sollten. Die Probanden fühlten sich danach glücklich. Auch wenn nach ihrer Aussage ein wenig Traurigkeit mitschwang, überwogen die Glücksgefühle deutlich! Sie versetzten die Studenten außerdem in einen Zustand von Einsamkeit, woraufhin diese dazu tendierten, nostalgisch zu werden – weil es ihnen dabei helfe, sich wieder besser zu fühlen.

Bereiche, in denen Nostalgie positiv wirkt

Gefühlslage

Wie bereits veranschaulicht, hat Nostalgie sehr positive Auswirkungen auf deine Gefühlslage. Da sie meistens in Momenten der Einsamkeit oder Traurigkeit auftritt, hast du die Möglichkeit, diese negativen Gefühle durch nostalgische Erinnerungen ins Positive zu transformieren.

Selbstvertrauen

In nostalgischen Momenten tendierst du dazu, an enge Freunde oder Familienmitglieder und die schönen Momente mit ihnen zu denken. Weil du dich in diesen Situationen und bei diesen Menschen wohl fühlst, fällt es dir leichter, positive Attribute an dir selbst zu finden, wenn du daran denkst.

Motivation

Nostalgie kann dazu beitragen, einen Sinn in deinem Leben auszumachen, der dir vorher nicht ganz klar war. Dies geschieht dadurch, dass du in nostalgischen Momenten automatisch einen Vergleich zwischen deinem früheren und heutigen Selbst ziehst und Zusammenhänge der Vergangenheit und Gegenwart besser erkennst. Daraus lassen sich Bedeutung und Motivation für die unterschiedlichsten Lebensbereiche ziehen.

Soziale Kontakte

Indem du deine engsten Freunde oder Familie in den präsenten Moment integrierst, fühlst du eine besondere Verbundenheit zu ihnen. Du erinnerst dich daran, wie ihr zusammen etwas unternommen oder erlebt habt. Dadurch fühlst du dich geliebt und angenommen – soziale oder Verlassensängste werden reduziert. Die Einsamkeit, aus der die Nostalgie ursprünglich resultierte löst sich durch sie also auf – und kehrt sich sogar um.

Nutze die Nostalgie

Mindestens einmal die Woche haben die befragten Probanden laut eigener Aussage einen nostalgischen Moment. Diese Momente können durch Düfte, Musik, emotionale Situationen oder andere Trigger ausgelöst werden. Wenn du das nächste Mal merkst, dass sich einer dieser Augenblicke anbahnt, lass ihn doch einfach zu und schau, was passiert. Schwelge ein wenig in Erinnerungen, die dir gut tun und schaffe immer wieder neue solcher Momente, an die du gerne zurück denkst.

Quelle:  Sedikides, C., Wildschut, T., Arndt, J., & Routledge, C. (2008). Nostalgia – Past, Present, and Future. Southampton: University of Southampton.

Bilder: unsplash

Über den Autor/die Autorin

Joey

Das Leben ist kein Wunschponyschlecken. :)