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Studieren ohne Abitur – Wege und Voraussetzungen

Studieren ohne Abitur
Geschrieben von Stefan E

Für ein Studium wird meist eine Hochschulzugangsberechtigung vorausgesetzt. Diese weist du mit dem Abitur oder Fachabitur nach. Darüber hinaus gibt es Möglichkeiten, sich auch ohne Abiturzeugnis für ein Studium einzuschreiben. Welche Wege gibt es zum Studieren ohne Abitur?

Hochschulformen und die Voraussetzung für das Studium

In Deutschland gibt es drei Arten von Hochschulen:

  1.  die Universität,
  2. die Fachhochschule
  3. und die Kunst-, Musik-, oder Filmhochschule.

Die meisten Universitäten bieten ein breites Spektrum an Studiengängen an; einige Hochschulen sind aber auch auf bestimmte Fachbereiche spezialisiert, etwa technische Universitäten. Mit dem Abitur steht dir prinzipiell der Zugang zu allen Studiengängen an allen Universitäten und Fachhochschulen offen. Du kannst dich also an einer Universität einschreiben, an einer Fachhochschule oder an Kunsthochschulen etc..

Unterschiede zwischen Abitur und Fachabitur

Die allgemeine Hochschulreife (Abitur) erlaubt es, alle Studienrichtungen an allen Arten von Hochschulen zu wählen.

  • Eine fachgebundene Hochschulreife (Fachabitur) macht es dir möglich, die im Zeugnis genannten Fachrichtungen (etwa Technik oder Wirtschaft) zu studieren; dies gilt für alle Hochschularten.
  • Mit einer Fachhochschulreife kannst du nur an einer Fachhochschule studieren; die Wahl der Fächer ist hierbei nicht eingeschränkt.

Bei diesen Regelungen bestehen regionale Ausnahmen. So existiert in Bayern die fachgebundene Fachhochschulreife, die dich zum Studium an einer Fachhochschule berechtigt, die Fächerwahl allerdings eingrenzt. In anderen Bundesländern, wie Hessen oder Brandenburg, ist der Zugang zu Bachelorstudiengängen an Universitäten mit einer Fachhochschulreife möglich. In Baden-Württemberg musst du einen Test (Delta-Prüfung) ablegen, wenn du dich mit Fachhochschulreife an einer Universität einschreiben möchtest.

An der Universität studieren ohne Abitur

Mit der Fachhochschulreife kannst du ein Studium an der Fachhochschule aufnehmen und hier beispielsweise einen Bachelorstudiengang absolvieren. Der Bachelor ist dabei ein grundständiges Studium. Nach diesem Abschluss kannst du den Bildungsweg weiter beschreiten und an der Fachhochschule ein Masterstudium anschließen. Darüber hinaus besteht die Option, nach dem Bachelor an eine Universität zu wechseln, auch wenn du „nur“ ein Fachabitur nachweisen kannst.

Zum Wechsel von der Fachhochschule zur Universität gibt es einige Vorgaben, die je nach Bundesland unterschiedlich ausfallen. In Bayern ist der Wechsel beispielsweise mit 60 ECTS (Creditpoints oder Leistungspunkten) möglich. Beachte aber, dass der Wechsel oft nur für gleiche oder fachlich nahe beieinander liegende Fächer gilt. Das Fach, in dem du deinen Bachelorabschluss erworben hast, muss zum Masterstudiengang an der Universität passen. So wäre es beispielsweise möglich, vom betriebswirtschaftlichen Bachelor an der Fachhochschule in den BWL-Master der Universität zu wechseln. Nach dem Bachelor in Betriebswirtschaft in einen Psychologie-Master zu wechseln, ist hingegen nicht gestattet.

Ohne Abitur studieren

Wie du bereits erfahren hast, kannst du auch mit einem Fachabitur, was auf gewisse Fachbereiche begrenzt ist, an der Fachhochschule studieren und später sogar in den Master an eine Universität wechseln. Was ist aber, wenn du gar kein Abitur vorweisen kannst, auch kein Fachabitur? In diesem Fall könntest du das Abitur nachholen.

Eine Möglichkeit zum Studieren ohne Abitur besteht darin, die Hochschulreife nachträglich zu erwerben. Dies geschieht dann auf dem zweiten Bildungsweg (ZBW). Abendgymnasien bieten hierfür berufsbegleitenden Unterricht an. Am Abendgymnasium kannst du nach zwei bis drei Jahren das Abitur nachholen und erhältst damit eine vollwertige Hochschulzugangsberechtigung. An einem Kolleg hingegen erfolgt der Unterricht nicht berufsbegleitend, sondern in Vollzeit. Eine Förderung über Bafög ist möglich.

Studieren ohne Abitur – Regelungen der Bundesländer

Das Studieren ohne Abitur ist eine Ländersache. Die einzelnen Bundesländer haben hierzu also unterschiedliche Regelungen erlassen, auch wenn es in den letzten Jahren Bemühungen gab, die Bedingungen mehr zu vereinheitlichen. Trotz dieses Prozesses, hin zu ähnlichen Regelungen in den Ländern, können die Unterschiede groß sein.

In Hessen können also ganz andere Voraussetzungen gelten als in Sachsen oder Bayern und Berlin. Schon in den 1970er Jahren wurden in Niedersachsen die ersten Voraussetzungen für ein Studium ohne Abitur geschaffen. Dort haben die entsprechenden Vorschriften eine lange Tradition. In Brandenburg erfolgte die Umsetzung dieses Vorhabens jedoch erst 2014.

Mit Meister-Abschluss zum Studieren ohne Abitur

Besitzt du einen Meister-Abschluss? Dann kannst du dich in den meisten Bundesländern sofort für ein Studium einschreiben. In manchen Ländern wird vorher ein Beratungsgespräch gewünscht. Möglich ist dies aber nicht nur mit einem Meister-Titel, sondern auch mit gleichwertigen Abschlüssen, wie:

  • geprüfter technischer Betriebswirt
  • Fachwirt
  • geprüfter Betriebswirt
  • staatlich geprüfter Betriebsfachwirt
  • geprüfter Aus- und Weiterbildungspädagoge.

Eine vollwertige Ausbildung in handwerklichen oder industriebezogenen Berufen mit anschließendem Meister ist interessant und bietet gute Karrierechancen, aber ein Hochschulstudium bringt zusätzliche Qualifikationen und eröffnet neue Optionen. Mit der freien Wahl eines Studiums mit einem hochqualifizierten handwerklichen Abschluss, wie dem Meisterbrief, stehen einem Handwerksmeister an der Hochschule fast alle Wege offen. Im besten Fall korrespondiert das Studienfach immer mit einer bereits bestandenen Meisterprüfung und erweitert die Kompetenzen. So kann beispielsweise ein Elektriker mit Meistertitel ein Studium der Elektrotechnik anstreben. Ein wirtschafts- oder ingenieurwissenschaftliches Studium kann aber auch im Sinne der Interdisziplinarität mit vorheriger Berufserfahrung als Handwerker kombiniert werden. Das erhöht das Vertrauen in die eigene Arbeit und bietet oft bessere Verdienstmöglichkeiten.

Mit Berufsabschluss studieren

Ein Meister-Titel ist zum Studieren nicht unbedingt erforderlich. Auch eine abgeschlossene Berufsausbildung kann dich für ein Studium qualifizieren. Neben dem Ausbildungsabschluss sind jedoch mehrere Jahre Berufserfahrung erforderlich. Insgesamt gibt es hier drei Varianten:

  1. Du besitzt eine fachverwandte Ausbildung und berufliche Erfahrung,
  2. Du absolvierst eine Eignungsprüfung,
  3. Du absolvierst ein Probestudium.

Mit einer abgeschlossenen beruflichen Ausbildung in einem anerkannten Beruf und einer Berufserfahrung von mehreren Jahren kannst du also ein Studium in einem fachverwandten Studiengang aufnehmen. Die Bundesländer haben verschiedene Regelungen dazu erlassen, ob diese Berufsausbildung zwei oder drei Jahre umfassen muss und wie viele Jahre Berufserfahrung gefordert werden. Meist werden zwischen zwei und vier Jahren Arbeitserfahrung nach der Ausbildung gefordert.

Wenn du einen fachfremden Studiengang wählen möchtest, dann reichen eine berufliche Ausbildung und Arbeitserfahrungen nicht aus. Hier kann eine Eignungsprüfung die Möglichkeit eröffnen, ein Fach zu studieren, das thematisch nicht mit deiner Ausbildung zusammenhängt.

Hochschulzugang über ein Probestudium zum Studieren ohne Abitur

In einigen Bundesländern bzw. an ausgewählten Hochschulen wird ein Probestudium für das Studieren ohne Abitur angeboten. Ein Probestudium ist eine erweitere Variante von Schnuppertagen an der Hochschule. Gemeinsam mit anderen angehenden Studenten absolvierst du ein Programm, durch das du einen guten Einblick in den Lehrplan des Studiums erhältst. Du lernst Studenten und Professoren kennen und erfährst was es bedeutet, an der Hochschule zu studieren. Manche Hochschulen bezeichnen ein Probestudium auch als „Teststudium“.

In der Regel richtet sich das Probestudium an beruflich qualifizierte Bewerber. Dazu gehören diejenigen, die eine mindestens zweijährige Berufsausbildung mit anschließender mindestens dreijähriger Berufserfahrung absolviert haben. Manchmal reichen auch mindestens 5 Jahre Berufserfahrung aus, wenn keine Vorbildung vorhanden ist.

Da die Ausbildung jedoch in der Verantwortung der Bundesländer liegt, können die Bedingungen für die Zulassung zu einem Probestudium von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich sein. In den meisten Fällen ist ein Probestudium nur in Studiengängen möglich, für die keine Zulassungsbeschränkungen gelten.

Das Probestudium dauert im Durchschnitt zwei bis vier Semester, je nach Regelstudienzeit. Wer in dieser Zeit erfolgreich Lehrveranstaltungen und Leistungskontrollen absolviert hat, erhält eine Zugangsberechtigung für das reguläre Studium. Diese gilt jedoch nur für die gewählte Studienrichtung. Der Status des Probestudenten kann dann in den eines ordentlich eingeschriebenen Studenten geändert werden. Nach erfolgreicher Probezeit kannst du dein Studium einfach fortsetzen und einen Bachelor-Abschluss erwerben.

Begabtenprüfung für das Studieren ohne Abitur

In einigen Bundesländern gibt es die Möglichkeit, eine Begabtenprüfung abzulegen, deren Bestehen den Zugang zum Hochschulstudium ermöglicht. Um die Begabtenprüfung ablegen zu können, müssen eine Reihe von Voraussetzungen erfüllt sein:

  1. die Bewerber müssen mindestens 25 Jahre alt sein,
  2. Bewerber müssen eine Berufsausbildung erfolgreich abgeschlossen haben
  3. und anschließend mindestens fünf Jahre erwerbstätig gewesen sein.

Nach einem Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 27. und 28. Mai 1982 können besonders begabte Fachkräfte, die sich aufgrund ihrer Begabung, Persönlichkeit und Vorbildung für ein Hochschulstudium qualifizieren, durch das Bestehen einer Prüfung die allgemeine Hochschulreife erwerben. Die Begabtenprüfung ermöglicht also das Studieren ohne Abitur. Diese Begabtenprüfung besteht aus mehreren Einzeltests und wird von allen Bundesländern gegenseitig anerkannt. Demnach ist es egal, in welchem Bundesland du diese Prüfung absolvierst.

Die Zulassung zur Begabtenabiturprüfung ist an sehr strenge Bedingungen geknüpft und steht all denjenigen offen, die nach längerer beruflicher Tätigkeit studienrelevante Kenntnisse und Fähigkeiten erworben haben und nicht den zum Abitur führenden Schulkurs besuchen oder die Abiturprüfung außerhalb der Schule nicht ablegen können.

Da es inzwischen in allen Bundesländern möglich ist, ohne Schulbesuch ein Studium aufzunehmen, wird die Bedeutung der Begabtenprüfung tendenziell eher weiter ab- als zunehmen. „Idealerweise“ soll sich diese Prüfung aber an Berufstätige richten, die sich längst nicht mehr weiterbilden oder „gleichwertige Qualifikationen“ erwerben und denen die Schule zu lang oder die Abiturprüfung zu umfangreich ist. Das Begabtenabitur ist derzeit die einzige Möglichkeit in Deutschland, ein allgemeines Hochschulzertifikat mit nur einer Fremdsprache zu erwerben, denn ansonsten sind zwei Fremdsprachen Voraussetzung für das Studium. Wenn du die Begabtenprüfung bestehst, kannst du dich in der Regel in jedem Studiengang einschreiben – solange die Universität die Prüfung anerkennt – und bist nicht an bestimmte Kurse gebunden.

Weitere Voraussetzungen für das Studieren ohne Abitur

Für manche Studiengänge muss die Eignung nachgewiesen werden. Das gilt etwa für Fachrichtungen wie Sport, Musik oder Kunst. Je nach Studiengang kann hierfür beispielsweise eine Mappe mit eigenen künstlerischen Arbeiten, ein Vorspiel mit einem Instrument oder ein Vorsprechen gefordert werden. Beim Sportstudium kann eine Sporteingangsprüfung verlangt werden. Schließlich wäre es nicht sinnvoll, einen solchen Studiengang zu wählen, wenn die entsprechende Begabung nicht gegeben ist. Auch für das Studieren ohne Abitur werden diese zusätzlichen Voraussetzungen gefordert.

Die Tests werden vor Beginn der Bewerbungsfristen durchgeführt, sodass du dich am besten schon etwa 1,5 Jahre vor dem Studienbeginn mit den Modalitäten der Zulassung beschäftigen solltest. Bei Fachhochschulen wird häufig ein Vorpraktikum gefordert. Dessen Dauer kann von wenigen Wochen bis hin zu mehreren Monaten variieren. Ein absolvierter Bundesfreiwilligendienst oder eine Berufsausbildung kann entsprechend angerechnet werden. Auch hier ist es wichtig, sich frühzeitig über die Voraussetzungen an der Wunsch-Hochschule zu informieren.

Fazit zum Studieren ohne Abitur

Es gibt viele Möglichkeiten um ohne Abitur studieren zu können. Du kannst das Abitur nachholen oder mit einem Fachabitur zumindest an einer Fachhochschule studieren und später an die Universität wechseln. Besitzt du einen Meister-Titel, dann berechtigt dieser zum Studium und dabei müssen das Studienfach und der Meister keinen thematischen Zusammenhang aufweisen. Alternativ ist der Hochschulzugang über einen Berufsabschluss und einschlägige berufliche Erfahrungen möglich. Ein alternativer Weg ist der Zugang zum Studieren ohne Abitur über eine Begabtenprüfung.

Mit dem Studium kannst du einerseits deinen Interessen nachgehen und auf der anderen Seite deine beruflichen Chancen entscheidend verbessern. Beachte aber, dass je nach Bundesland verschiedene Regeln für den Hochschulzugang gelten. Über diese solltest du dich auf jeden Fall informieren. Zudem kann es noch weitere Voraussetzungen für ein Studium geben, etwa Vorpraktika oder auch das Einreichen von eigenen künstlerischen Arbeiten, wie dies für Design-Studiengänge typisch ist.

Gemäß dem Europäischen Qualifikationsrahmen wird der Meister-Titel auf der gleichen Niveaustufe wie ein Bachelor gesehen. Das unterstreicht die Gleichwertigkeit der Hochschulbildung und Berufsbildung.

Über den Autor/die Autorin

Stefan E