Da grinst er, der Manu. Verständlich, wer freut sich nicht über zwei kühle Maß Bier auf dem größten Volksfest der Welt in der bayerischen Landeshauptstadt – dem Oktoberfest, genannt „Wies’n“? Vor wenigen Wochen erst ging sie wieder zu Ende, die für mittlerweile so viele Bier- & Volksfestliebende fünfte Jahreszeit. Und die Bilanz des 186. Oktoberfestes? Eher ernüchternd, dazu aber später mehr.
Zuerst möchte ich Euch mit ein paar Facts & Figures rund um die 2019er Wies’n langweilen: Auf einer Fläche von 34,5 Hektar (in Galileo-Sprache: rund 48 Fußballfelder) tummelten sich 551 Betriebe, davon 146 aus der Gastro, rund 8.000 feste und 5.000 wechselnde Arbeitskräfte sowie 1.400 „Sitzplätze“ und 1 km „Stehplätze“, um die getrunkenen Liter wieder loszuwerden. Groß ist das Oktoberfest also allemal. Und wie wir alle wissen ist es noch etwas: teuer.
Lasst mich hierzu einen typischen Tag auf der Wies’n mal grob überschlagen:
- 1 Maß Bier: im Schnitt 11,30 € (by the way: vor 10 Jahren bekam man sie noch für 6,95 €).
- 1 Paar Weißwürste als spätes Frühstück: knapp 7 €
- 1 Hendl mit Kartoffelsalat zu Mittag: im Schnitt rund 17,40 €
- 1 Scheibe Leberkaas als abendliche Unterlage: ca. 12,50 €
- An- & Abreise per Bayernticket in einer 5er Gruppe: 10,60 € pro Person
Bei vier getrunkenen Maß und sehr geizig gerechnetem Trinkgeld (4,90 € insgesamt) ergeben sich Ausgaben von 97,60 € ohne sonstige Vergnügung wie Spickern, Schießen oder Fahrgeschäfte. Wahrscheinlich ist diese einfache Rechnung sogar zu optimistisch kalkuliert und liegt 1 Maß, 250 Gramm gebrannte Mandeln und 13 Schuss am Schießstand, um eine Plastikrose für seine Herzensdame zu erstehen, höher.
Und für was der ganze (finanzielle) Aufwand?
Sich kaputt zu laufen, um die ganze Wies’n gesehen zu haben und letztendlich überall, aber doch nirgends gewesen zu sein? Sich sowohl auf dem Fest als auch auf der nächtlichen Heimfahrt im Zug von Totalausfällen anpöbeln zu lassen? Oder, wenn es doch mehr als die vier, fünf Maß’n werden, sich im Nachhinein eh nur noch an den halben Tag zu erinnern?
Selbstverständlich ist es jedem selbst überlassen zu entscheiden, ob Einem der Besuch auf dem Oktoberfest und die damit verbundenen Un- sowie Annehmlichkeiten das jeweilige Geld wert ist. Jedoch ist – jedenfalls meinem Empfinden nach – der allgemeine „Volksfesttrend“ an seinem Zenit angelangt und langsam am Abebben. So ist es gefühlsmäßig auf den kleineren Festen wie dem Straubinger Gäubodenvolksfest und der Passauer Dult zu erahnen, sowie anhand der eingangs erwähnten „nüchternen“ Bilanz der 2019er Wies’n zu erkennen: kein neuer Wies’nhit, keine neuen Rekorde, dafür aber ein bei gleichbleibenden Besucherzahlen von 6,3 Millionen leicht rückgängiger Bierkonsum von 7,5 Millionen Liter Bier in 2018 auf 7,3 Millionen. Auf jeden Fall positiv ist der leichte Rückgang von Straftaten.
Bleibt schließlich der Ausblick auf die kommenden Jahre.
Hält der Trend doch weiterhin an und lockt die Wies’n trotz immer steigender Preise weiter die Gäste nach München? War 2019 lediglich ein kleiner Ausrutscher? Oder wurden die 200.000 Maß’n tatsächlich aus Protest gegen die Preis-Hausse in den Festzelten nicht bestellt und das Oktoberfest tut es 2020 dem iPhone-Hersteller Apple gleich, der wohl erkannt hat, dass die Verkaufspreise eben nicht endlos angehoben werden können, und das neue iPhone erstmals nicht teurer als das Vorgängermodell anbietet. Wahrscheinlich ist jedoch, dass auch im kommenden Jahr der Bierpreis wieder ansteigen wird, vielleicht auch aus dem Grund, da die Wirte die weniger bestellten Maß’n durch eine Preiskorrektur ausgleichen wollen.
Bis wir es sicher wissen heißt es aber wohl: Abwarten und Bier trinken.