Es gibt da ein Klischee, dem ich in letzter Zeit öfter begegne und das sich schon seit Ewigkeiten hält: Männer dürfen nicht weinen. Männer müssen die Starken sein. Die Schulter zum Anlehnen, die Problemlöser, die Alphas. Mit anderen Worten:
Männer dürfen nicht sensibel sein
Sie dürfen ihre Gefühle nicht frei äußern, weil sie sonst Gefahr laufen, als schwach wahrgenommen zu werden. Das äußert sich im bekannten Adonis-Komplex sogar körperlich. Dünne Männer haben Minderwertigkeitskomplexe, rennen reihenweise ins Fitnessstudio zum Pumpen, damit sie nicht mehr sofort als „die Schwachen“ unter ihnen zu erkennen sind. Das Männerbild verwandelt sich zusehends immer mehr in ein einziges, riesengroßes Klischee.
Das Problem bei der ganzen Sache ist, dass Männer aber dummerweise genau dieselben Gefühle haben wie Frauen. Es ist auch irgendwie unverständlich, wie irgendjemand davon ausgehen könnte, dass dem nicht so sei. Wir alle sind Menschen, wir alle haben starke Emotionen. Frauen lernen allerdings viel früher, über ihre Gefühle zu reden. Sie werden auch nicht zurechtgewiesen oder von gleichaltrigen fertig gemacht, wenn sie sie einmal raus lassen. Bei Männern ist das leider fast immer der Fall.
Jungs weinen nicht!
„Reiß dich doch mal zusammen!“ „Steh deinen Mann!“ „Sei keine Pussy!“ „Was bist du? Mann oder Maus?“ Es sind solche Sätze kombiniert mit einem merkwürdig ausgebauten Männerbild in der Werbung, in Filmen oder anderen Medien, die den Männern regelrecht eintrichtern, dass es für sie nicht in Ordnung ist, offen mit ihren Gefühlen umzugehen. Oft schafft Mann es erst, bei einer Frau, die er liebt die Hüllen fallen zu lassen. Und selbst das ist wahrscheinlich eher die Ausnahme. Um Männer darauf hinzuweisen, dass es absolut in Ordnung ist, sensibel zu sein und das auch zu zeigen; und um daran zu appellieren, was Männer in puncto Sensibilität und Umgang mit Gefühlen von Frauen lernen können, hat Justin Baldoni einen mitreißenden Vortrag im Rahmen von TED gehalten.
Er ist Schauspieler und wird, seit er denken kann, in die typischen Hollywood-Männerrollen gequetscht. Dabei ist er eigentlich weder ein Macho noch unsensibel. Im Gegenteil: mittlerweile steht er zu seinen Gefühlen. Doch auch er ist mit dem Ideal aufgewachsen, immer Stark sein zu müssen, obwohl er es, als einer der wenigen, nicht von Zuhause vermittelt bekommen hat. Bei ihm hat der Einfluss seines Umfeldes ausgereicht, um ihm das Klischee Mann als erstrebenswerten Charakter aufzudrücken. Aber seht selbst: