Veränderung ist ein Zustand
Ein seichter Hauch, der auf einmal in der Luft liegt. Er ist nicht richtig da – nicht zu greifen – aber doch allgegenwärtig. Veränderung ist spürbar, steht im Raum wie ein riesengroßer rosaroter Elefant, den nur manche sehen können. Nur diejenigen, die gerade von der Veränderung betroffen sind, können ihn ausmachen. Den leichten Duft der Gefahr wittern, der sie und andere Leidensgenossen gerade umgibt. Denn Veränderung hat einen stetigen Begleiter, ohne den sie nicht existieren kann: Die Unsicherheit.
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Die Unsicherheit ist weniger zart, weniger subtil und weniger dezent. Sie macht sich breit in deiner Brust und schnürt dir zuweilen den Atem ab. Sie löst Grundängste aus – sowie die Angst vor dem Unbekannten. Diese Angst wohnt in uns allen und zehrt von der Unsicherheit. Beim Einen stärker, beim Anderen schwächer. Die Unsicherheit lässt deine Gedanken schier endlose Kreise ziehen, sich ineinander verknoten. Sie stellt den Anspruch zu wissen, was du noch gar nicht wissen kannst. Sie verlangt dir übersinnliche, zukunftssehende Kräfte ab – die du nicht einfach mal so aus dem Boden stampfen kannst. Die Unsicherheit lässt sich zwar durch Halbwissen nicht abspeisen, verleitet dich aber dennoch zu den wildesten Spekulationen.
Wenn die Gedanken in Zukunft oder Vergangenheit liegen
Die Unsicherheit treibt deine Gedanken vor dir her. Sie verlagert deinen Fokus in die Zukunft und lässt die Gegenwart dabei gänzlich, die Vergangenheit bedingt außer Acht. Unsicherheit und Angst vernebeln die Sinne. Sie verwehren dir den Zugriff auf dein bisher gesammeltes Wissen, indem sie Panik in dir verbreiten. Unter Panik arbeitet bekanntlich niemand sonderlich effizient. Du schwankst hektisch durch die Welt, dein Blick nach innen, eckst immer wieder an Gegenwart und Realität an – verweilst jedoch gedanklich in dem, was kommt. Und siehst somit nicht mehr, was gerade unmittelbar auf dich zukommt. Paradox.
Das Hier und Jetzt ist der einzige Augenblick, aus dem du wirklich etwas für dich ziehen kannst. Die Vergangenheit mag in der Lage sein, dir in nostalgischen Augenblicken Auskunft über dich zu geben oder dir das nötige Selbstvertrauen zu liefern; aber immer nur im Vergleich mit der gegenwärtigen Situation. Fühlst du dich einsam, denkst du beispielsweise an schöne Zeiten mit deinen Freunden. Danach wirst du dich etwas weniger alleine, dafür aber etwas mehr geliebt fühlen. In der Vergangenheit zu verweilen hat allerdings gegenteilige Effekte. Vergleichst du immer deine jetzige Lage mit deinen schönsten Erinnerungen, wird das Jetzt wahrscheinlich ziemlich schlecht abschneiden. Das fördert die Unzufriedenheit mit dem, was jetzt gerade ist.
In der Gegenwart liegt die Kraft
Bleibst du gedanklich überwiegend in der Gegenwart, wirst du automatisch anfangen, viel mehr Momentanes zu registrieren oder bewusst wahrzunehmen, das dir vorher verwehrt blieb. Du wirst immer wieder reflektierend feststellen, dass deine jetzige Situation gar nicht so schlecht ist, wie du vielleicht angenommen oder befürchtet hattest. Mit der Zeit werden dadurch Muster aufgedeckt, nach denen du vielleicht schon seit Jahren lebst, die allerdings auch mindestens genauso lange veraltet und mittlerweile vielleicht sogar hinderlich sind. Du schleppst diese Muster – bei denen das Update schon lange überfällig ist, aber immer wieder verschoben wurde – aus Bequemlichkeit und aufgrund von gewissen Ängsten mit dir herum. Doch du kannst sie genauso gut ablegen!
Der Moment, bevor sich etwas ändert
Es sollte sich dabei lediglich um einen flüchtigen Augenblick handeln. Ein kurzes Innehalten vor einer Entscheidung. Bei schlechtem Bauchgefühl soll er auch gerne länger andauern. Auch „eine Nacht darüber schlafen“ kann durchaus sinnvoll sein. Zur Tücke wird es allerdings, wenn sich der Moment, bevor sich etwas ändert scheinbar ewig hinzieht. Dann wird er zu einer Art Ohnmachts-Trance. Dein Dasein wird zu einem Leben zwischen den Stühlen. Manche von uns – mich mit eingeschlossen – lieben diese Existenz so sehr, dass sie sie mit Absicht in die Länge ziehen.
Im Moment, der vor einer Veränderung liegt, reflektieren wir ganz stark und wägen vieles gegeneinander ab. Wir stellen aber genauso viel in Frage. Im Normalfall wurde vor diesem Moment nämlich bereits eine Entscheidung getroffen. Du hast dich für einen von mehreren Wegen entschieden und stehst jetzt den Startlöchern. Angespannt und nervös wartest du auf den Schuss. Kannst es kaum erwarten, los zu sprinten. Adrenalin durchströmt deinen Körper, feuert die Motivation in dir weiter an. In Windeseile überdenkst du noch einmal die Entscheidungen, die dich hierher geführt haben. Aber du bist dir sicher, dass du genau hier sein sollst, in genau diesem Augenblick!
Doch es bleibt still
Und jetzt stell dir vor, der Startschuss ertönt einfach nicht. Weder dann, wann er soll, noch dann, wann du ihn erwartet hattest. Du bist natürlich erst einmal leicht verwirrt. Deine Anspannung hält an, du hast Vertrauen darin, dass es schon gleich losgehen wird. Doch es geht nicht los. Unsicherheit und Panik treten ein. Nervös schaust du dich um. „Habe nur ich den Schuss nicht gehört? Wo sind die Anderen?“ Doch du bist allein – es ist ein Rennen auf Zeit. Du erinnerst dich. Orientierungslos versuchst du herauszufinden, was du als nächstes machen sollst. Dein Körper fängt langsam an, sich wieder zu entspannen. Du glaubst nicht mehr daran, dass der Schuss all zu bald ertönen wird. Also kannst du es dir genauso gut bequem machen. Du setzt dich auf den Boden, entspannst dich und wartest einfach.
Warten – Fluch und Segen zugleich
Das Warten hat einen enorm entlastenden Vorteil: Wenn du wartest, hast du im Prinzip keine Verantwortungen, außer zu warten. Es ist eine Überbrückung von Zeit, in der dir keinerlei Erwartungen auferlegt sind – außer dass du hier bist. Solange du wartest, bleibt alles genauso, wie es ist. Das, auf was du wartest, ist zwar immer präsent, rückt gleichzeitig aber auch in unabsehbare Ferne. Du kannst den dir bekannten Zustand, an den du dich wahrscheinlich lange gewöhnt hast, noch länger aufrecht erhalten. Deine Routine bleibt erst einmal gleich – das bietet Sicherheit. Du kannst dich erst einmal entspannt zurücklehnen und in Ruhe eine Zeitschrift durchblättern.
Das Gefährliche am Warten ist allerdings, dass es automatisch Stillstand bedeutet; wenn die Veränderung eigentlich gerade in vollem Gange sein sollte. Du entziehst dich der Verantwortung, die die Entscheidung, welche du vorher getroffen hast, mit sich bringt. Warten kann zur Sucht werden. Wer mit allen Mitteln aufschiebt, statt die Dinge jetzt anzugehen, ist ein Abhängiger. Prokrastination im Übermaß ist und macht krank. Denn im wartenden Zustand bleibt eines fast immer aus: Belohnungen.
Beim Warten stellen sich zwangsläufig Langeweile und Unproduktivität ein. Zustände, die – richtig genutzt – die Kreativität und Motivation sogar steigern können. Halten sie allerdings zu lange an, machst du nicht mehr sonderlich viel. Durch dein Nicht-Handeln und deine Passivität bleiben Belohnungen aus, die der Seele gut tun und dir Selbstvertrauen geben. Du kannst zwar versuchen, diese während der Wartezeit zu ersetzen, doch das wird dir nicht gänzlich gelingen.
Erfahrung braucht Handlung
Nur wenn du handelst und aktiv bist, wirst du deine Fähigkeiten wirklich weiterentwickeln – und so wertvolle Erfahrung sammeln. Diese Erfahrung kann in der nächsten Situation, die eine Veränderung mit sich bringt, genutzt werden:
- Zur Entscheidungsfindung
- und zur Umsetzung deiner Träume und Ziele
Du wirst deine Wünsche nur dann in die Realität umsetzen können, wenn du dich aus dem Wartezustand heraus begibst, in dem du dich vielleicht gerade befindest. Wenn wir den ersten Schritt in Richtung (Weiter-)Entwicklung getan haben, werden wir merken, dass er unausweichlich war. Also warum ihn herauszögern? Wenn du dich für etwas entschieden hast, sei dir deiner selbst im Mindesten so sicher, dass du dabei bleibst. Entscheide dich und ändere es dann nicht wieder, bevor du es dir nicht zumindest angeschaut hast. Verweile nicht im Warten – nimm dein Leben in die Hand und entwickle dich weiter. 🙂
Bilder: ‚Change‘ – unsplash @Ross Findon | ‚Past & Future‘ – unsplash @Toa Heftiba | ‚Warten‘ – unsplash @Jesse Bowser | ‚guts over fear‘ – unsplash @NordWood Themes