Wir planten vor Kurzem den Junggesellenabschied für eine Freundin. Wie es immer ist, ist die Planung mit einem Dutzend Mädels nicht so einfach. Und unvermeidlich da war es wieder: „Ihr Studenten habt doch die meiste Zeit und jammert trotzdem am meisten.“ Dieses typische Studentenimage ist, zumindest in meinem Umfeld, sehr weit verbreitet. Und ich finde, damit tun uns Leute, die nicht studieren oder studiert haben, unrecht.
Bologna – Leider keine Nudelsoße
Als Student nach Bologna, rast man von einer Frist zur nächsten. Uns ist der Inhalt der meisten Veranstaltungen eher nicht so wichtig, hauptsache wir kriegen unsere CP: „Welche Leistung muss man bei Ihnen bringen? Herrscht hier Anwesenheitspflicht?“ Und all die anderen Fragen, die wir in den ersten Wochen in der Uni stellen. Aber niemand fragt nach dem Inhalt, der ist für unsere Generation scheinbar nicht so wichtig. Wir hetzen von Referat zu Referat, von Prüfung zu Prüfung und von Hausarbeit zu Hausarbeit. Wir kommen aus der Uni nach Hause, müssten eigentlich tausend Dinge für den nächsten Tag vorbereiten, aber auch für die bald anstehenden Prüfungen wartet ein ganzer Haufen Arbeit auf uns. Vielleicht haben wir gar nicht so viel Zeit, um nach dem Inhalt zu fragen.
Ein jahrelanger Hindernislauf
Wir kommen nie zur Ruhe, wir haben immer die nächste Deadline vor Augen. Und genau das ist das Problem, das niemand sieht. Durch diese Bologna Reform wurde das Studieren ein jahrelanger Wettlauf mit riesen Hürden alle paar Meter, die es zu überwinden gilt. Man kann nicht mal eben entspannt joggen zwischendurch, man muss immer schon Anlauf nehmen, um das nächste Hindernis überhaupt überwinden zu können. Und ganz wichtig ist, dass die Zeit, die für den Lauf vorgegeben ist, auch eingehalten wird. Es ist keine Zeit dafür da, zwischendurch anzuhalten, sich umzuschauen, den Ausblick zu genießen oder vielleicht auch mal einen Schlenker zu machen. Da machen die Zuschauer und die Sponsoren nicht mit. Hauptsache wir kommen schnell ans Ziel. Wie wir es bis dahin schaffen, ist letztlich egal.
Semesterferien – von wegen
Es scheint vielleicht so, dass wir am meisten Zeit haben und natürlich haben wir auch oft „frei“. Die Gesellschaft sieht unsere sechs Monate „Semesterferien„, aber dieser Begriff ist einfach nicht passend und aus diesem Grund heißt diese Zeit ja auch „Vorlesungsfreie Zeit“. In diesen insgesamt sechs Monaten stehen Prüfungen, Hausarbeiten, Praktika und Exkursionen an. Und da das Geld nicht vom Himmel fällt, muss man spätestens in den Ferien mal arbeiten gehen. Heißt man ist also auch in dieser Zeit ständig unter Strom, was aber nicht gesehen wird. Es gibt bestimmt Planungsgenies und disziplinierte Leute, die nie etwas aufschieben und dann mehr Freizeit haben, allerdings gehöre ich nicht zu dieser seltenen Spezies.
Augen auf bei der Berufswahl
Als mir letztens mal wieder jemand an den Kopf warf, ich hätte ja wohl eindeutig die beste Zeit für alles und würde zu viel meckern, hat mich das sehr getroffen. Als es dann noch hieß: „Diese Prüfung, die du da hast, ist ja wohl keine Ausrede.“, war ich vollkommen bedient. Aber diese Einstellung wird mir wohl mein Lebtag entgegenschlagen. Schließlich werden auch Beamte mit genau dieser Einstellung ihr Leben lang behandelt.
Also Augen auf bei der Studien- und Berufswahl!
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