Ich bin ein Denker: Nachdenker. Überdenker. Zu-viel-Denker. Ich analysiere jede Entscheidung meines Lebens zu Tode. Denke Stunden, Tage, oft Wochen darüber nach. Stelle mir vor, was ich tun könnte, was ich tun sollte, was ich tun möchte. Denke viel zu viel. Tue viel zu wenig. Und je mehr ich denke, desto weniger weiß ich am Ende, was ich tun soll, desto unglücklicher bin ich am Ende. Mein Leben zieht an mir vorbei und alles, was ich tue, ist Denken. Aus lauter Angst, falsch zu handeln, falsche Entscheidungen zu treffen, verharre ich im Denken – und bin dabei alles andere als glücklich.
Das Zu-Viel-Denken
Denken ist ja nichts Schlechtes. Im Gegenteil. Wo wären wir in einer Welt ohne Denken? Vielmehr ist es das Zu-viel-Denken, dass einem die Freude am und im Leben rauben kann:
- das ewige Spielen des ‚Was wäre gewesen wenn, …?‘- Spielchens;
- das sich im Kreise drehende Durchdenken verschiedener Handlungskonsequenzen;
- das nicht enden wollende Zweifeln an Entscheidungen;
- das Nichtwissen, wohin und was man wirklich will.
So ging es mir vor allem bei meiner Studienwahl, aber auch in vielen anderen Bereichen meines Lebens: Soll ich eine Reise machen, oder das Geld doch lieber sparen? Soll ich mir ein Tattoo stechen lassen, oder soll ich es bleiben lassen? Soll ich heute fortgehen, oder doch lieber zu Hause bleiben und lernen?
Und ich dachte und dachte und dachte, unfähig, eine Entscheidung zu treffen: aus Angst, mich falsch zu entscheiden und es später zu bereuen.
Das große Aber
Aber, und hier kommt das große Aber: Denken alleine hilft im Endeffekt nichts, bewirkt nichts. Gar nichts. Durch all das Nachdenken, Überdenken, Zu-viel-Denken wird man nicht glücklich, eher im Gegenteil. Denn auch die kleinsten und einfachsten Gedanken, wie gut und aufregend sie auch sein mögen, bleiben eben nur das, Gedanken, wenn sie nicht durch Taten in die Wirklichkeit übersetzt werden. Denn nur Taten können greifen, können Konsequenzen mit sich ziehen, können die Welt einer Person und die Welt an sich ändern. Nur durch Taten können wir unsere Gedanken, unsere Träume, Wünsche und Ziele in die Realität, in die Wirklichkeit umsetzen. Durch das TUN ändern wir unsere Welt.
Und natürlich liegen den meisten Dingen, die wir tagtäglich tun, Gedanken zu Grunde. Aber warum alles (so wie ich es leider viel zu oft gemacht habe) verkomplizieren? Wieso über jede Entscheidung, über jede Handlung stundenlang nachgrübeln, wenn es doch viel einfacher gehen würde: Ich habe eine Idee, einen Gedanken, einen Wunsch und danach handle ich – OHNE diesen Gedanken im Vorhinein in alle Einzelheiten zu zerlegen, stundenlang darüber nachzugrübeln: denn das raubt Zeit und Energie – und Fröhlichkeit.
Die Gretchenfrage des Denkens
Doch dann stellte sich mir eine Frage, die mich nicht mehr losließ, die mich – und hier wären wir wieder beim Thema – nächtelang darüber nachgrübeln ließ: Ich soll also weniger denken und mehr tun, mehr handeln, um etwas zu ändern. Nun, so weit so gut. Aber:
WELCHE meiner Gedanken, meiner Pläne, meiner Wünsche soll ich in Taten umsetzen? Was von all dem, was ich mir erdenke, soll ich nun wirklich tun? Was bringt mich näher zu meinen Zielen? Und wie um alles in der Welt soll ich entscheiden, soll ich wissen, welche Taten mich nun glücklich machen werden und welche nicht? Wie soll ich aus all den Handlungsmöglichkeiten, die mir meine Gedanken aufzeigen, wählen? Wie?
Es gibt zigtausende Wege, die man im Leben einschlagen kann. Es existieren aberhunderte Berufe, Studiengänge, Möglichkeiten. Was davon tun, was lassen? Wonach handeln?
Und dann wusste ich es plötzlich. Um zu wählen, um zu handeln, muss ich nicht zuerst ewig über eine Entscheidung nachgrübeln, muss mir keine hundertprozentige gedankliche Garantie geben können, dass die Entscheidung, die ich treffe, ein für alle Mal die beste, die richtige für mich ist.
Nein. Es geht doch viel einfacher. Bei all dem Nachdenken, dem versteiften Suchen nach der richtigen Tat, habe ich eine entscheidende Komponente übersehen:
Die Gefühle, die Intuition!
Ich habe sie bei meinen Entscheidungsprozessen oft ausgeschaltet, habe sie als unzuverlässig, willkürlich, nicht aussagekräftig abgeschlagen. „Gefühle ändern sich wie der Wind.“, habe ich mir gesagt und wollte mich damit beim Handeln auf ein rein rationales Urteil verlassen. Aber so kann es nicht funktionieren. Und hat es auch nicht. Denn was wichtig ist, ist am Ende doch, wie wir uns fühlen. Wichtig ist, dass wir das tun, bei dem wir aufblühen, wodurch wir wachsen können, wofür wir Feuer und Flamme sind. Dass wir das tun, bei dem wir uns gut fühlen, bei dem wir mit Überzeugung sagen können, dass wir im jetzigen Moment voll und ganz dafür einstehen.
Natürlich muss für die Zukunft mitgedacht, vorgesorgt werden, aber doch nicht in solchem Maße, dass der jetzige Augenblick – alles, was wir am Ende doch haben – zerstört wird. Denn all die Ängste und Sorgen um die Zukunft existieren doch letztlich nur in unserem Kopf. Wir leben jetzt. Hier.
Und wenn ich eins gelernt habe, dann, dass es nicht DIE richtige Entscheidung gibt, nicht DEN richtigen Weg. Ich folge meinem Herzen, meinen Gefühlen, meiner Intuition. Tue das, was mich glücklich macht, was mich lebendig fühlen lässt. Folge meiner Leidenschaft und habe Vertrauen, dass etwas Gutes daraus entstehen wird. Tue, wovor ich mich am meisten fürchte, denn dadurch kann ich wachsen. Natürlich habe ich im Hinterkopf immer diese Stimme, die mir sagt „Denk nach, sei vorsichtig, sei rational!“. Eine Stimme, die mich schon des Öfteren von unvernünftigen, zu schnell getroffenen Entscheidungen abgehalten hat. Aber diese Stimme kontrolliert nicht mehr mein ganzes Handeln.
Endlich tue ich, lebe ich.
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