Studentenbeiträge

Studienabbrecher – 4 Erfahrungsberichte

Zum Thema Studienabbrecher auf StudiBlog
Geschrieben von Redaktion

Volle Hörsäle, neue Freunde, absolute Freiheit! Daran denken viele Studenten, wenn sie ein Studium beginnen. Doch nicht jeder bleibt bis zum Ende. Von den rund 508.000 Studienanfängern, die im vergangenen Jahr ihr Studium begonnen haben, brechen voraussichtlich mehr als 142.000 wieder ab, das sind rund 28 Prozent. So hoch war die Quote der Studienabbrecher im Jahr 2014. Die meisten Studienabbrecher gibt es in den MINT-Fächern. So brechen zum Beispiel 36 % der Ingenieurstudenten ihr Studium ab. Die Gründe sind verschieden: Oft sind private Probleme die Ursache. Oder die Studierenden können sich das Studium finanziell nicht mehr leisten. Auch die Leistungsanforderungen sind sehr hoch und manche Studenten erfüllen sie einfach nicht. Andere sind nicht ausreichend auf das Studium vorbereitet und haben keine gute Vorstellung davon, was sie erwartet. Studieren ist nicht jedermanns Sache – das wissen auch vier Studienabbrecher, die über ihre Beweggründe, die entscheidenden Momente und ihren weiteren Weg sprechen:

„Jetzt fange ich erst richtig an, den Dreh rauszukriegen“, sagt einer der Studienabbrecher.

„Als ich mein Abitur geschafft hatte, wollte ich sehr gern Polizist werden. Aber ich habe mich erst nicht getraut. Also habe ich ein Studium begonnen, weil der Bewerbungsprozess an der Uni viel einfacher war und ich schon bei der Polizei-Bewerbung durchgefallen war. Ich begann mein Studium in Philosophie und Französisch. Meine Eltern haben es mir empfohlen; es war der einfachste Weg für mich. Nach acht Semestern habe ich das Studium abgebrochen, kurz vor dem Abschluss. Es war also ziemlich spät – und das ist sehr schlecht für die ganze Sache. Aber während des Studiums fühlte ich mich ständig unwohl: Alles war eintönig und ich wusste, dass ich lieber etwas Praktischeres gemacht hätte. Außerdem wollte ich mein eigenes Geld verdienen. Irgendwann habe ich mich kaum noch angestrengt, und ich hätte wissen müssen, dass das nicht das Richtige ist.

Quelle: Giphy

Ich musste mir als Studienabbrecher einen Plan B einfallen lassen. Ich bewarb mich bei der Polizei, aber ich glaubte nicht, dass es klappen würde. Das Bewerbungsverfahren dauert drei Tage und ist ziemlich schwierig. Aber es hat sich gelohnt: Sie stellten mich ein und ich war mir sicher, dass ich der Polizei beweisen konnte, dass noch viel mehr in mir steckt. Die Reaktionen der Menschen um mich herum waren anfangs nicht sehr ermutigend. Alle waren zunächst schockiert, und mein Vater war besonders enttäuscht. Er war so stolz und prahlte immer damit, dass seine Tochter Lehrerin werden würde. Sogar mein Arzt sagte zu mir: Du solltest lieber erst einmal dein Studium beenden. Aber das hat sich inzwischen geändert. Seit September mache ich ein Praktikum bei der Polizei. Es macht mir sehr viel Spaß und ist im Gegensatz zur Lehre sehr interessant. Früher hat mir vieles gefehlt, aber jetzt fange ich an, mich richtig darauf einzulassen. Meine Familie und Freunde sehen das auch, sie unterstützen mich und sind stolz, dass alles gut gelaufen ist.“

Sabine, Studienabbrecherin (22 Jahre)

„Ich wollte keine Außenseiterin sein“, sagt sie.

„Schon als Teenager wollte ich an der Internationalen Schule für Gestaltung integriertes Design studieren. Um aufgenommen zu werden, muss man ein Praktikum machen und sechs Monate lang praktische Erfahrungen sammeln. Also habe ich nach dem Abi ein Praktikum in einer Druckerei und in einer Schmuckmanufaktur gemacht. Da nicht viele Leute angenommen werden, habe ich mich für Kunstgeschichte und Vergleichende Literaturwissenschaft an der Universität eingeschrieben. Allerdings merkte ich bald, dass dieses Studium nichts für mich war. Es war langweilig und uninteressant für mich. Außerdem musste ich ein Praktikum machen und war nur donnerstags an der Uni. Das bedeutete, dass ich niemanden wirklich kannte. Am Ende des ersten Semesters war mir klar, dass ich so nicht weitermachen konnte. Es erschien mir alles sinnlos und die Prüfungen am Ende des Semesters würde ich sowieso nicht bestehen. Die Universität drohte mir mit Exmatrikulation, wahrscheinlich weil ich so wenig da war. Ich wollte weiterkommen, also wurde ich Studienabbrecher.

Quelle: Giphy

Aber es gab noch schlimmere Nachrichten: Die Internationale Schule für Gestaltung lehnte mich ebenfalls ab. Jetzt wusste ich nicht einmal, was ich als Nächstes tun sollte und ob ich talentiert genug war, um etwas Künstlerisches zu machen. Sogar meine Freunde und Familie waren besorgt. Es dauerte sechs Monate, bis ich zur Vernunft kam. Viele Leute um mich herum studierten, um Lehrer zu werden, und ich hatte Sprachen schon immer geliebt. Ich schrieb mich für Deutsch und Kunst ein. Jetzt bin ich im achten Semester Deutsch und im vierten Semester Kunst und studiere auf Lehramt an Gymnasien und Gesamtschulen. Damit ich meine kreative Seite ausleben kann. Allerdings bin ich froh, wenn mein Studium bald zu Ende ist – ich möchte endlich ins Berufsleben einsteigen. Mein Weg war sehr holprig und ich fühle mich gut, endlich das zu finden, was für mich funktioniert.“

Markus, Studienabbrecher (23 Jahre)

„Ich bin in ein tiefes Loch gefallen“, sagt er.

„Ich war immer sehr wankelmütig und habe mich während meiner Schulzeit alle paar Monate für einen anderen Beruf interessiert. Nach dem Abitur schrieb ich mich als Bauingenieur ein. Anfangs war ich sehr glücklich, merkte aber bald, dass ich, obwohl das Fach interessant war, diesen Job nicht für den Rest meines Lebens machen wollte. Ich fühlte mich erschöpft und hatte kaum noch Motivation zum Lernen. Das spiegelte sich auch in meinen Noten wider. Am Ende des zweiten Semesters beschloss ich, zum Studienabbrecher zu werden. Ein großes Projekt am Ende des zweiten Semesters war entscheidend: Es war sehr praxisnah und ich konnte sehen, wie sich mein zukünftiges Berufsleben entwickeln würde. Es war nicht abzusehen, dass ich das die nächsten 40 Jahre machen würde.

Ich war sehr zuversichtlich und habe mich nicht unterkriegen lassen. Meiner Mutter passte das nicht: Sie fragte mich immer wieder, ob ich das wirklich machen wolle. Nachdem ich zum Studienabbrecher wurde fühlte ich mich schlecht. Ich fiel in ein tiefes Loch und zum ersten Mal in meinem Leben musste ich mich mit nichts auseinandersetzen. Letztendlich war es ein Prozess, der mich reifer gemacht hat. Meinen Eltern war es immer wichtig, dass ich einen Beruf wähle, der mir Sicherheit bietet, wie zum Beispiel das Bauingenieurwesen. Dabei haben sie meine Entscheidung akzeptiert.

Quelle: Giphy

Jetzt bin ich im dritten Semester meines Jura-Studiums. Es macht mir sehr viel Spaß und ich habe viel Freude an den Vorlesungen. Inzwischen habe ich ein klares Ziel für die Zukunft: Ich möchte anderen Menschen das Recht beibringen. Wenn mir jetzt Leute sagen, dass Jura eine gute Sache für mich ist, gibt mir das eine neue Motivation. Ich habe meine Entscheidung noch nie bereut.“

Magdalena, Studienabbrecherin (24 Jahre)

„Niemand muss sich für etwas schämen“, sagt sie.

„Nachdem ich ein Jahr lang in Kambodscha Kindern Englisch unterrichtet hatte, wollte ich das auch in Deutschland machen. Also habe ich mich in Bonn in Englisch und Philosophie eingeschrieben, um Lehrerin zu werden. Das erste Semester war toll, alles war noch aufregend und neu. Aber im zweiten Semester fing ich an, schlechte Noten zu bekommen und merkte, dass das nicht mein Platz war. Ich hatte zu viele Freiheiten. Es war schwierig, alles mitzunehmen und den Stoff aus eigener Motivation durchzuarbeiten. Ich hatte viel freie Zeit und wusste nicht, was ich damit anfangen sollte. Außerdem war ich immer eher praktisch veranlagt und wollte nicht den ganzen Tag mit dem Kopf in Büchern verbringen. Im zweiten Semester merkte ich, dass ich definierte und konkrete Aufgaben brauchte; das Studium gab sie mir nicht. Ich war in meinem Tief versunken, schämte mich dafür und wollte meinen emotionalen Zustand vor meiner Familie und meinen Freunden verbergen. Es war ein langer Prozess, bis ich mir eingestand, dass ich so nicht weitermachen konnte. Ein Freund half mir, die Entscheidung zu treffen. Er ermutigte mich und überzeugte mich, dass es Zeitverschwendung wäre, das Studium fortzusetzen. Nach drei Semestern wurde ich zum Studienabbrecher.

Quelle: Giphy

Jetzt mache ich eine Ausbildung zur Bürokauffrau. Das gefällt mir sehr gut. Ich spiele mit dem Gedanken, nach dem Praktikum ein paar Jahre zu arbeiten und dann wieder an die Uni zurückzukehren, weil ich dann viel mehr Geld verdienen könnte. Niemand muss sich schämen, ein Studienabbrecher zu sein. Es hat eine Weile gedauert, bis ich meine Familie und Freunde über meine Entscheidung informiert habe, aber sie waren alle einverstanden.“

Steffi, Studienabbrecherin (23 Jahre)

 

Bist du selbst eine Studienabbrecherin oder ein Studienabbrecher? Welche Erfahrungen hast du damit gemacht? Schreib uns!

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