Randnotiz zum Thema Geschlecht: Wenn man/frau! als heterosexueller Mann der Ma(i)nstream-Medien eine kontroverse Meinung zum Thema Gender hat, ist man selbstverständlich ein dreckiger Chauvinist. Stellen Sie sich deshalb vor, folgender Text sei nicht von „diesem Jann Wattjes“ geschrieben worden, sondern von einem Eichhörnchen, das in der laktosefreien Käseindustrie tätig ist – wer könnte das hassen?! (Oder wenn sich jemand genötigt fühlt, einfach selbst was zum Thema schreiben, nicht des Eichhörnchens Bier.)
Geschlecht 1: Frauen, Feministinnen, Fotzen.
Frauen sind Menschen 2.0. Sie gebären Kinder unter Schmerzen, die sich Männer nicht im entferntesten vorstellen können; alleine schon weil ins Skrotum getreten zu werden stets überzogen dargestellt wird. Sie übernehmen Haushalt und Kindeserziehung, während sie gleichzeitig die gleichen Vollzeitjobs wie Männer übernehmen – dafür aber weniger Geld bekommen. Das alles genügt unserem Patriarchat allerdings nicht: Frauen MÜSSEN während all dieser Tätigkeiten auch noch wahnsinnig schön und schlank sein, allerdings nicht zu schön und schlank, weil das andere Geschlecht sich sonst zu Vergewaltigungen eingeladen fühlt. Diesen Umständen entsprechend, sollte jeder Mann jede Frau (auch alleine weil diese Rollenbilder durch Jahrhunderte der chauvinistischen Konstruktion überhaupt getrennt sind!) dafür respektieren, dass sie sich morgens aus dem Haus traut, in diese dystopische Männerdomäne namens Gesellschaft. Oder?
EichLKäse und der Radikalfeminismus
Das Eichhörnchen mit dem laktosefreien Käse (im Folgenden als EichLKäse abgekürzt) möchte sicherstellen, dass wir in dieser Diskussion auf dem gleichen Nenner sind: Der Feminismus hat unserer Gesellschaft zu vielen essentiellen und auch damals schon überfälligen Errungenschaften wie dem Frauenwahlrecht, dem Recht auf selbstbestimmte Mutterschaft sowie auch außerhalb des Rechts zu einem wesentlich überarbeiteten Gesellschaftsbild verholfen. Dass aktuelle gesellschaftliche Probleme nicht auf derselben Stufe stehen wie damalige, hat er allerdings nie überwunden: Denn, was EichLKäse als „Radikalfeminismus“ zusammenfassen würde, sucht sich neuerdings Probleme, die er nicht lösen kann bzw. darf.
Dass Frauen immer noch in großen Teilen unserer Wirtschaft weniger Geld verdienen als Männer, ist genauso rückständig wie skandalös. So zu tun, als wäre die Politik (die ja AUSNAHMSLOS von Männern vertreten wird) in der Lage und Pflicht das zu ändern, ist aber leider ebenso rückständig wie skandalös. In einer Marktwirtschaft kann man dieses Problem nämlich kaum besser lösen, als es gelöst ist: Gewerkschaften, stetig überarbeitetes Arbeitsrecht, Gleichstellungsbeauftragte stellen Instanzen dar, die man – wäre die Welt großartig – gar nicht erst konsultieren müsste, aber – weil die Welt großartig ist – nun einmal kann.
Auch der Schrei nach Frauenquoten ist kontraproduktiv. Sollten wir nicht erreichen wollen, dass Stellen zu 100% nach der bestmöglichen Qualifikation besetzt werden und nicht zu 50% von Männern und 50% Frauen, von denen dann noch mal jeweils 5% früher das jeweils andere Geschlecht gehabt hatten, 10% homosexuell sind – ohne den Zwang sich outen zu müssen – und auf jeder Seite noch mal 7% Hausstauballergiker?
Alle anderen gesellschaftlichen Brandherde sind verschwindend klein
Große Worte für jemanden, der EichLKäse heißt. Zitieren Sie sie gerne in ihrem Facebookkommentar, in dessen Verfassungszeitraum Sie auch einfach einen dieser angeblich ja doch großen Brandherde hätten angehen können. Was wir dem Radikalfeminismus nämlich neuerdings verdanken, sind Debatten über Burkaverbot, eddingbemalte Titten beim Germany’s Next Topmodel Finale, „Studierende“ und tatsächlich noch furchtbarere Jennifer Rostock Songs. Denn irgendwo sind Feministinnen ja doch Menschen wie du und ich und EichLKäse: Ihnen ist vollkommen bewusst, dass (Un)Gleichberechtigung andernorts ein immens größeres Problem ist als hier.
Wie wir alle sind sie lediglich viel zu faul, irgendwie anders Probleme anzugehen, als sich Facebookdiskussionen zu liefern oder gegen Lokalpolitiker zu demonstrieren. Und deswegen ist nicht etwa die Rolle der Frau in der arabischen Welt ein akutes Problem, sondern, dass nun plötzlich auch verschleierte Frauen in deutschen Großstädten leben. Dabei ist dann natürlich auch die Flüchtlingslage sowie deren Kultur und ganzes bisheriges Leben unerheblich – wo der Radikalfeminismus Unterdrückung von Frauen (die auch EichLKäse hier nicht wegdiskutieren möchte) wittert, gibt es keine Kompromisse! Was im Übrigen auch im westlichen Alltag gilt: Ja, auch EichLKäse sieht es eher kritisch, wenn Männer ihren gesellschaftlichen Wert dadurch definieren, wie viele „Bitches“ sie „geknallt“ haben oder Frauen dadurch, ob sie gemeinhin als gut aussehend wahrgenommen werden.
Doch das heißt nicht, dass EichLKäse diesen Menschen die Freiheit, das zu tun, nehmen kann. Dies anstatt von Koexistenz mit Exhibitionismus (der für Frauen im Gegensatz zu Männern übrigens legal ist – Petition und Demo stehen) auf Großveranstaltungen zu beantworten, zeugt aber unter allen Aspekten genauso von Intelligenzerkältung. Einer von vielen Fällen in denen der Radikalfeminismus „vorwärts gehen“ mit „die volle Rolltreppe hinunterfallen“ verwechselt.
In EichLKäses Soziotop…
…ist es beispielsweise üblich, dass Studierende nicht als Studenten angesprochen werden dürfen – von ihren Dozenten. DOZENTEN. Kein noch so arschof… äh weltoffener Spongebob Pedantenkopf hat sich bisher jemals an der Verallgemeinerung Dozenten gestört. Die haben im Gegensatz zu STUDENTEN (denn in der deutschen Sprache bildet man nun einmal so die Verallgemeinerungsform) nämlich auch keine Zeit, sich über so etwas Gedanken zu machen. Wenn künstliche Eingriffe in Sprache funktionieren würden, läsen Sie diesen Text gerade in Esperanto.
Davon abgesehen, dass so etwas auch in keinem anderen Land mit selbiger sprachlicher Eigenart überhaupt diskutiert wird, ist es sehr wohl mühselig, hinter jedes zweite Substantiv ein abgetrenntes _Innen zu hängen. Oder x. Oder daraus Tätigkeitsumschreibungen zu machen. Zur Veranschaulichung empfiehlt EichLKäse die neue StVO (Vorsicht! Zu-Fuß-Gehenden-Überweg). Was aber für den Radikalfeministen an sich schon wieder so indiskutabel ist, dass man sich fragt, ob er sich nicht auch andersherum genauso beschweren würde, wenn die verallgemeinernde Form grammatikalisch(!) weiblich wäre.
Geschlecht 2: Männer, Machos, Mikropeniskompensation.
Wow, EichLKäse, das waren wirklich extrem gute Gründe diesen „Radikalfeminismus“ an den Rand der Gesellschaft zu verbannen. Da spricht doch für den rational denkenden Menschen und die rational denkende Menschin nichts mehr dagegen! Außer natürlich Männer. Denn all diese Positionen sind komplett nichtig (lange nicht mehr so viel umsonst gelesen, hm?), weil dermaßen viele infantile Männer dermaßen viel daran setzen, den Feminismus und Gleichberechtigung bis zur Radikalisierung zu provozieren. Männer wählen dann, wenn sie das Gefühl des Privilegienentzugs packt, nämlich tatsächlich den Godfather des Sexismus zum US-Präsidenten, urinieren quer über die Genderdebatte, indem sie Ghostbusters noch einmal mit Frauen besetzen und schreiben zum Thema Blog-Texte mit polemischen Überschriften (haben Sie ehrlich gedacht, Sie bekämen darauf eine Antwort? Meine Fresse).
Es ist wahr, 99% der Dinge, die in der Historie verbockt wurden, lagen in der Verantwortung von Männern und wir sind offensichtlich sehr gewillt, für den Erhalt dieser Statistik zu kämpfen. Dumm wäre von der Gegenseite eigentlich nur (und das lässt sich ja relativ aktuell belegen, liebe Frau Clinton), wenn man den Kampf dann auch wirklich als solchen annimmt…
Mädels: Ihr macht das nicht besonders gut, aber ganz okay.
Jungs: Das mit dem Penisneid war ein parawissenschaftlicher Schuss ins Blaue. Packt die Schwänze wieder ein… (zumindest solange Exhibitionismus nicht gleichberechtigt ist #legalizeit)
Bild: flickr